Vorfälligkeitsentschädigung

Richtig berechnen und Kosten sparen

Feda Mecan
| Anzahl Artikel: 422
Geschäftsführer und Investment-Experte Letzte Überarbeitung am 23. Dezember 2022
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Bei der Vorfälligkeitsentschädigung handelt es sich um eine Strafgebühr für Kreditnehmer:innen, die vorzeitig aus ihrem Vertrag aussteigen möchten. Da hierdurch zusätzliche Kosten entstehen, stellen sich viele Kreditnehmer:innen die Frage, unter welchen Umständen eine solche Strafgebühr gezahlt werden muss und in welchen Fällen diese vermieden werden kann. In diesem Artikel geben wir Antworten auf diese wichtigen Fragen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Vorfälligkeitsentschädigung ist der Betrag, zu dessen Zahlung Kreditnehmer:innen verpflichtet sind, die ein langfristiges Darlehen vor Ablauf der Laufzeit kündigen möchten.
  • Der Bank entsteht durch die vorzeitige Auflösung des Vertrags ein Verlust, da sie die Zinszahlungen nicht mehr erhält. Die Vorfälligkeitsentschädigung soll dies ausgleichen.
  • Für Verbraucherkredite gilt, dass maximal 1 % der Restschuld bei einer Laufzeit von mehr als 12 Monaten und maximal 0,5 % der Restschuld bei einer geringeren Laufzeit im Rahmen einer Entschädigung gezahlt werden müssen.
  • Manchmal berechnen Banken eine zu hohe Vorfälligkeitsentschädigung. Das kann zum Beispiel dann passieren, wenn Sondertilgungen nicht berücksichtigt werden.
  • Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung kann sehr komplex sein, weshalb die Kenntnisse von Expert:innen in Anspruch genommen werden sollten.

Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung?

Bei einer sogenannten Vorfälligkeitsentschädigung handelt es sich um den Betrag, den Kreditnehmer:innen zahlen müssen, wenn diese ein langfristiges Darlehen vorzeitig kündigen. Eine solche Entschädigung wird dann fällig, wenn im Kreditvertrag keine vorzeitige Rückzahlung festgelegt wurde.

Wenn du eine passende Baufinanzierung suchst, die über die für dich besten Konditionen verfügt, schau dir gern unseren umfangreichen Vergleich an. Dann kommst du im besten Fall gar nicht erst in die Situation, eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen – schließlich kannst du dich für ein Kreditangebot entscheiden, das eine vorzeitige Rückzahlung ermöglicht.

Hinweis

Die Vorfälligkeitsentschädigung stellt eine Strafgebühr für den vorzeitigen Ausstieg aus einem Kreditvertrag dar.

Hintergründe, Bedeutung und Erklärung

Der Hintergrund, vor dem eine Vorfälligkeitsentschädigung eine Rolle spielt, ist leicht erklärt. Denn wer einen Vertrag über einen Kredit mit einem Kreditgeber, beispielsweise einer Bank, abschließt, verpflichtet sich zu Zahlungen über einen gewissen Zeitraum. Dieser kann bei Immobilienfinanzierungen leicht 10 Jahre oder mehr betragen. Dementsprechend plant der Kreditgeber mit regelmäßigen Zinszahlungen innerhalb dieses Zeitfensters. Wenn der Vertrag also früher aufgekündigt wird, fehlen dem Darlehensgeber die Zinszahlungen, sodass dieser benachteiligt wird. Um diesem Nachteil entgegenzuwirken, wird die Vorfälligkeitsentschädigung fällig. Du kannst es so betrachten, dass du dich sozusagen aus dem Kreditvertrag „herauskaufst“.

Rechtslage

Die Gesetzeslage bezüglich der Vorfälligkeitsentschädigung ist in § 502 BGB geregelt. Gemäß Absatz 1 dieses Paragraphen kann der Kreditgeber bei der vorzeitigen Rückzahlung eines Kredites dann eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen, wenn Kreditnehmer:innen bei der Rückzahlung noch Zinsen zu einem gebundenen Sollzinssatz schulden. Wenn Kreditnehmer:innen aus einem Vertrag aussteigen möchten, ist § 498 BGB relevant. Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem ordentlichen Kündigungsrecht. Grundsätzlich gilt, dass bei einem Verbraucherkreditvertrag innerhalb von 14 Tagen ein Widerruf erfolgen kann. Dies gilt selbst bei 0-Prozent-Finanzierungen, wenn die Kreditsumme bei mindestens 200 Euro liegt. Ein Ausstieg aus dem Vertrag ist innerhalb dieser Zeit also problemlos möglich.

Besteht der Kreditvertrag allerdings länger und soll dieser vorzeitig zurückgezahlt werden, kann der Kreditgeber eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn Kreditnehmer:innen ordnungsgemäß belehrt wurden. Zudem muss der dann zu zahlende Prozentsatz bereits bei Vertragsschluss festgelegt werden.

Höhe der Entschädigung bei vorzeitiger Tilgung eines Immobiliendarlehens

Mittlerweile hat die EU festgelegt, wie hoch die Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Tilgung maximal ausfallen darf. Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung darf nicht höher als 1 Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrags ausfallen. Bei einer Restlaufzeit von weniger als 1 Jahr reduziert sich diese Strafgebühr und darf maximal 0,5 Prozent betragen. Unter keinen Umständen darf die Entschädigungsgebühr jedoch höher ausfallen, als man an Sollzinsen innerhalb der Restlaufzeit hätte zahlen müssen. Diese Zahlen gelten nur für Verbraucherkredite.

Bei Immobiliendarlehen kann der Kreditgeber auch höhere Gebühren verlangen. Dabei setzt sich die Höhe der Entschädigung aus mehreren Faktoren zusammen. Hierzu gehören neben der Restlaufzeit des Kredits auch die Höhe der Restschuld, das aktuelle Zinsniveau, die Bearbeitungsgebühren und der für den Kredit vereinbarte Zinssatz. In der Regel berechnet der Kreditgeber bzw. die Bank, wie hoch die Gewinne bei Weiterführung des Kredits ausgefallen wären. Wenn die Vorfälligkeitsentschädigung in deinem Fall nicht allzu hoch ausfällt, kannst du den Kredit umschulden und Geld sparen.

Hinweis

Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung soll so ausfallen, dass hierdurch der Gewinn gedeckt wird, der bei Weiterführung des Kredits erzielt worden wäre.

Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung

Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung erfolgt seitens der Bank. Dabei erlaubt der Gesetzgeber 2 Berechnungsarten, die Banken nutzen können. Bei der sogenannten Aktiv-Passiv-Methode berechnet der Kreditgeber, wie hoch der Endbetrag ausfallen würde, wenn der aus der Kreditauflösung erhaltene Betrag am Kapitalmarkt angelegt würde. Die am Kapitalmarkt erzielbare Rendite wird dann mit den Zinszahlungen verglichen, die man für die restliche Laufzeit erhalten hätte. Die Differenz zwischen der Kapitalmarktrendite und den entgangenen Zinszahlungen gibt dann die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung an.

Bei der Aktiv-Aktiv-Methode geht die Bank hingegen davon aus, den zurückgezahlten Betrag direkt an andere Kreditnehmer:innen zu verleihen. Allerdings wird hierbei ein niedrigerer Zinssatz angenommen. Die Differenz aus den durch die Vertragsauflösung entgangenen Zinsen und den erwarteten Zinsen ergibt den Schaden, welcher der Bank entstanden ist. Darüber hinaus wird noch eine Gewinnmarge addiert. Aus der Summe dieser einzelnen Faktoren wird schließlich die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet.

Hinweis

Die Bank muss genau aufschlüsseln, wie sie auf den berechneten Betrag gekommen ist.

Fehler und Fallstricke bei der Berechnung

Es kann durchaus vorkommen, dass seitens der Bank eine zu hohe Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird. Dies kann zum Beispiel daran liegen, dass Sondertilgungsmöglichkeiten bei der Berechnung keine Berücksichtigung finden. Würden diese allerdings berücksichtigt, würde die Restschuld entsprechend sinken und somit auch die Vorfälligkeitsentschädigung.

Prüfung der Bankberechnung: Wer kann helfen?

Grundsätzlich kann ein sogenannter Vorfälligkeitsrechner dabei helfen, um einen Überblick zu erhalten. Allerdings muss hierbei unbedingt beachtet werden, dass dieser nur einen ungefähren Wert angibt. Das bedeutet, dass der ermittelte Wert stark von dem Betrag abweichen kann, den die Bank berechnet hat. Denn ein solcher Rechner berücksichtigt weder den Wiederanlagezins noch die Verwaltungskosten. Aufgrund der komplizierten Berechnung sollte daher ein:e Expert:in aus diesem Bereich aufgesucht werden, welche:r dir bei der vorzeitigen Kündigung des Kreditvertrags helfen kann. Denn diese:r ist dazu in der Lage, dir Schritt für Schritt zu erklären, wie die genaue Kalkulation aussieht.

Vorfälligkeitsentschädigung vermeiden

Es gibt mehrere konkrete Möglichkeiten, wie du die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung vermeiden kannst. Diese stellen wir im Detail in den nachfolgenden Abschnitten vor.

Fehlerhafte Widerrufsbelehrung

Grundsätzlich gilt, dass ein Vertrag innerhalb von 14 Tagen gekündigt werden kann – und das ohne Konsequenzen. Diese Frist kann sich bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung um ein zusätzliches Jahr verlängern. Diese Regelung gilt allerdings nur für Neuverträge, die seit dem 10. Juni 2010 abgeschlossen wurden. Bei älteren Verträgen findet dieses Gesetz keine Anwendung. Eine Widerrufserklärung kann beispielsweise dann fehlerhaft sein, wenn es keinen Hinweis auf die Rechtsfolgen des Widerrufs gibt oder wenn keine Anpassung der Widerrufsbelehrung an den jeweiligen Vertrag erfolgt ist.

Variables Darlehen

Bei Abschluss eines Darlehens mit variablem Zinssatz erfolgt regelmäßig eine Anpassung des Zinssatzes an das gegenwärtige Marktumfeld. Für diese Art von Darlehen gilt eine Kündigungsfrist von 3 Monaten und eine Vorfälligkeitsentschädigung muss nicht gezahlt werden.

Kündigung seitens der Bank

Nicht nur du, sondern auch die Bank kann den Darlehensvertrag kündigen. Dies kann die Bank zum Beispiel dann tun, wenn du mit der Zahlung der Kreditraten in Verzug geraten bist. Der Vorteil für dich ist, dass in einem solchen Fall keine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt werden muss.

Einvernehmliche Kündigung

Auch eine Kündigung in beiderseitigem Einvernehmen kann dazu führen, dass keine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt werden muss. Hierzu muss die Bank allerdings zustimmen, da für diese keine Verpflichtung dazu besteht. Du kannst der Bank aber einen guten Grund für die einvernehmliche Kündigung und den Verzicht auf eine Vorfälligkeitsentschädigung geben, indem du den aktuellen Kredit durch einen noch höheren bei der gleichen Bank ersetzt. Ob sich ein höheres Darlehen oder ein Kredit bei einer anderen Bank eher lohnt, kannst du über unseren Kredit-Vergleich herausfinden.

Sonderkündigungsrecht

Gemäß § 489 BGB haben Kreditnehmer:innen ein Sonderkündigungsrecht, wenn sie einen Vertrag mit einer langen Zinsbindung abgeschlossen haben. Denn laut dieses Paragraphen kann das Darlehen nach einer Laufzeit von 10 Jahren gekündigt werden. Die Berechnung dieses Zeitraums erfolgt ab dem Moment, an dem die gesamte Kreditsumme erhalten wird. In einem solchen Fall kann der Vertrag jederzeit mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten gekündigt werden.

Gerichtsurteile zur vorzeitigen Ablösung von Immobilienkrediten

Da es im Rahmen des Gesetzes nicht immer eindeutig ist, wann eine Vorfälligkeitsentschädigung anfällt und wie hoch diese ausfallen soll, bieten die Urteile des Bundesgerichtshofs eine gute Orientierung. So hat der BGH bereits im Jahr 1997 entschieden, dass Banken eine Ablösung des Immobilienkredits bei einer vorzeitigen Vertragsauflösung nicht behindern dürfen – dennoch darf eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangt werden. Dies gilt zumindest dann, wenn die Immobilie veräußert werden soll und der Verkauf von der Kreditauflösung abhängig ist. Wenn ein zusätzlicher Kredit benötigt wird, dieser aber nicht von derselben Bank genehmigt wird und somit nur bei einem anderen Kreditgeber erhältlich ist und der neue Kredit auch nur dann genehmigt wird, wenn das alte Darlehen aufgelöst wird, benötigen Kreditnehmer:innen ebenfalls keine Zustimmung der Bank zur Kündigung des Vertrags.

Bereits im Jahr 2000 hat der BGH entschieden, dass die Aktiv-Passiv-Methode zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung verwendet werden darf. Seither wird diese immer häufiger angewandt. Dabei darf die Bank für die Berechnung allerdings nicht die Kapitalmarkttitel der öffentlichen Schuldner nutzen, sondern muss mit den Renditen der Hypothekenpfandbriefe rechnen. Diese verfügen über eine höhere Rendite, was für Kreditnehmer:innen von Vorteil ist. Zudem wurde im Jahr 2016 das Urteil verkündet, dass Banken keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen können, wenn sie den Vertrag selbst auflösen. Das gilt auch dann, wenn Kreditnehmer:innen mit ihren Zahlungen in Verzug geraten. Verzugszinsen sind aber trotzdem zu zahlen.

Fazit

Banken können Kreditnehmer:innen eine Vorfälligkeitsentschädigung berechnen, wenn diese ihren Kreditvertrag vorzeitig beenden möchten. Denn die durch den Vertrag erhaltenen Zinsen stellen den Gewinn der Bank dar, mit dem diese rechnet. Wenn der Vertrag vor Ablauf der vereinbarten Zeit aufgelöst wird, entsteht der Bank hierdurch ein Verlust. Dieser soll durch die Zahlung einer Strafgebühr, welche Vorfälligkeitsentschädigung genannt wird, vermieden bzw. verringert werden. Die Berechnung dieser Gebühr ist allerdings recht komplex, weshalb ein:e Expert:in aufgesucht werden sollte, welche:r bei der Kalkulation behilflich ist. Denn es ist nicht unüblich, dass vonseiten der Banken eine zu hohe Entschädigung festgesetzt wird.

FAQ: Fragen und Antworten zur Vorfälligkeitsentschädigung

Was sind die Gründe für eine Vorfälligkeitsentschädigung?

Durch die Vertragsauflösung entsteht der Bank ein Verlust, da sie nun keine Zinszahlungen mehr von Kreditnehmer:innen erhält. Um dies auszugleichen, wird eine Vorfälligkeitsentschädigung berechnet.

Wie hoch ist die Vorfälligkeitsentschädigung bei Immobiliendarlehen?

Die Vorfälligkeitsentschädigung kann anhand von 2 Berechnungsmethoden ermittelt werden – der Aktiv-Passiv- und der Aktiv-Aktiv-Methode. Wie hoch die Vorfälligkeitsentschädigung genau ausfällt, ist sowohl von der Berechnungsmethode als auch von der Kredithöhe abhängig.

Kann die Bank die vorzeitige Ablösung eines Immobiliendarlehens verweigern?

Grundsätzlich kann die Bank unter bestimmten Umständen eine vorzeitige Ablösung des Immobilienkredits verweigern.

Wann entfällt die Vorfälligkeitsentschädigung?

Die Vorfälligkeitsentschädigung kann zum Beispiel dann entfallen, wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist oder die Bank selbst das Darlehen kündigt.

Sind Vorfälligkeitszinsen noch erlaubt?

Vorfälligkeitszinsen sind noch erlaubt, von der EU aber eingeschränkt worden. Ein Kreditgeber darf bei einer Restlaufzeit von weniger als 12 Monaten maximal 0,5 Prozent der Restschuld verlangen. Bei einer Restlaufzeit, die die Dauer von 1 Jahr übersteigt, darf es maximal 1 Prozent sein. Dies gilt aber nicht für Immobilienkredite.

Wer muss die Vorfälligkeitsentschädigung zahlen?

Die Vorfälligkeitsentschädigung muss von Kreditnehmer:innen gezahlt werden.

Lässt sich die Vorfälligkeitsentschädigung von der Steuer absetzen?

Ja, die Vorfälligkeitsentschädigung kann steuerlich geltend gemacht werden. Das gilt allerdings ausschließlich für Vermieter:innen und auch nur unter bestimmten Bedingungen.

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Feda Mecan

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Ich investiere seit mehreren Jahren in internationale Start-ups und habe 2015 OnlineBanken.com gegründet, um ein transparentes und unabhängiges Finanzportal in Deutschland zu etablieren.