Beleihungswert

Unverzichtbar für die Immobilienfinanzierung

Feda Mecan
| Anzahl Artikel: 422
Geschäftsführer und Investment-Experte Letzte Überarbeitung am 3. August 2023
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Der Traum vom Eigenheim ist ein Punkt, der viele Menschen verbindet. In den meisten Fällen ist jedoch ein Kredit notwendig, um den Kauf oder auch den Bau einer Immobilie realisieren zu können. Im Zusammenhang mit der Immobilienfinanzierung fällt dann häufig der Begriff Beleihungswert. Wir erklären, was unter dem Beleihungswert zu verstehen ist und warum er so wichtig für eine Immobilienfinanzierung ist.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Beleihungswert entscheidet darüber, wie hoch der Kredit ausfallen wird, den die Bank für den Kauf oder Bau einer Immobilie gewährt.
  • Für die Berechnung des Beleihungswertes wenden viele Banken und Kreditinstitute ihre eigenen und damit also ganz verschiedene Verfahren an.
  • Vom ermittelten Beleihungswert zieht die Bank einen Risikoabschlag ab. Die Summe, die sich nach Abzug des Abschlags ergibt, wird als Beleihungsgrenze bezeichnet.
  • Die Differenz zwischen Beleihungswert und Gesamtkosten für den Hauskauf beziehungsweise -bau müssen über das Eigenkapital finanziert werden.

Was ist der Beleihungswert?

Beim Beleihungswert handelt es sich um die Summe, die der Kreditgeber durch einen Verkauf oder eine Versteigerung der Immobilie mit Sicherheit erzielen würde. Die Immobilie, für die eine Finanzierung aufgenommen wird, dient dem Kreditinstitut beziehungsweise der finanzierenden Bank hierbei als Sicherheit vor einem etwaigen Ausfallrisiko. Sollte der Kreditnehmer nicht mehr in der Lage sein die noch offenen Raten zu bezahlen, wird die Immobilie verkauft, um die Kosten der kreditgebenden Bank zu decken. Die Höhe des Beleihungswertes dient als Grundlage für die Berechnung der Darlehenssumme.

Was ist die Beleihungsgrenze?

Um der Gefahr einer eventuellen Wertminderung durch Marktschwankungen vorzubeugen, ziehen die Kreditinstitute und Banken von dem ermittelten Beleihungswert einen gewissen Risikoabschlag ab. Der Wert der Immobilie, der nach Abzug des Risikoabschlags übrig bleibt, wird als Beleihungsgrenze bezeichnet. Das bedeutet, diese Summe wird maximal für die Finanzierung der Immobilie gewährt. Die Höhe des Risikoabschlags liegt zwischen 40 und 80 %. Allerdings fällt der Risikoabschlag je nach Kreditinstitut recht unterschiedlich aus:

  • Sparkassen, Raiffeisen- und Volksbanken: 80 %
  • Geschäftsbanken: 80 %
  • Hypothekenbanken: 60 bis 65 %
  • Lebensversicherungen: 40 bis 60 %
Beispielrechnung 1:
Verkehrswert der Immobilie: 275.000 €
Beleihungswert: 216.220 € (80 % vom Verkehrswert)
Beleihungsgrenze: 192.500 € (70 % des Beleihungswertes)
Das maximale Darlehen würde bei 192.500 € liegen
Beispielrechnung 2:
Verkehrswert der Immobilie: 430.000 €
Beleihungswert: 344.000 € (80 % vom Verkehrswert)
Beleihungsgrenze: 301.000 € (70 % des Beleihungswertes)
Das maximale Darlehen würde bei 301.000 € liegen

Was ist der Beleihungsauslauf?

Der Beleihungsauslauf stellt den Beleihungswert und die Darlehenssumme ins Verhältnis. Angegeben wird der Beleihungsauslauf als Prozentzahl. Der Beleihungsauslauf nimmt direkten Einfluss auf die Höhe der Zinsen, die von der Bank für das Darlehen angesetzt werden. Hierbei gilt: Je höher der Beleihungsauslauf in Prozent ausfällt, desto höher liegt auch der Sollzins. Eine hohe Prozentzahl weist darauf hin, dass wenig Eigenkapital in die Immobilienfinanzierung eingebracht wird, wodurch das Risiko für die Bank entsprechend steigt. Fällt der Beleihungsauslauf hingegen niedrig aus, dann bedeutet das, dass ein hohes Eigenkapital vorhanden war, was wiederum günstige Zinskonditionen einbringt.

Wie wirkt sich der Beleihungswert auf die Konditionen aus?

Der Beleihungswert spielt nicht nur eine Rolle bei der Festlegung der maximalen Darlehenssumme, sondern wirkt sich auch maßgeblich auf die Konditionen aus. Wird ein hoher Beleihungswert angesetzt, können die Kreditnehmer:innen von günstigen Konditionen profitieren. Hier kommt wiederum der Beleihungsauslauf zum Tragen. Denn je weiter die Kreditsumme vom Beleihungswert abweicht, desto niedriger werden die Zinsen angesetzt. Das bedeutet: Wird ein hoher Beleihungswert festgesetzt, haben die Kreditnehmer:innen einen größeren finanziellen Spielraum.

Wie wird der Beleihungswert berechnet?

Der Beleihungswert wird von den Banken und Kreditinstituten berechnet. Zur Ermittlung des Beleihungswerts kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz. Viele Kreditgeber bedienen sich nicht nur eines Verfahrens, sondern kombinieren diese miteinander. Üblich sind die folgenden Verfahren.

Sachwertverfahren

Das Sachwertverfahren wird für Immobilien verwendet, die vom Besitzer selbst bewohnt werden. Um den Beleihungswert einschätzen zu können, werden die Kosten ermittelt, die für den Neubau der Immobilie anfallen würden. Berücksichtigt werden sowohl der Grundstücks- als auch der Bauwert sowie Wertminderungen, die im Laufe der Nutzung entstehen. Das Sachwertverfahren gibt zwar den Beleihungswert realistisch wieder, doch werden Entwicklungen des Marktes hierbei nicht einbezogen.

Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren kommt bei gewerblich genutzten Immobilien beziehungsweise Objekten, die als Kapitalanlage dienen, zum Einsatz. Für die Berechnung des Beleihungswerts werden die zu erwartenden Mieteinahmen und der Bodenwert berücksichtigt.

Vergleichswertverfahren

Das Vergleichswertverfahren kommt hauptsächlich bei Wohnimmobilien zum Einsatz und bezieht im Gegensatz zum Sachwertverfahren auch aktuelle Marktentwicklungen in die Berechnung ein. Um den Beleihungswert zu ermitteln wird die Immobilie beim Vergleichswertfahren mit einem benachbarten Objekt verglichen, das von der Größe und der Ausstattung ähnlich aufgebaut ist.

Wer trägt die Kosten für die Wertermittlung?

Da der Beleihungswert zur Sicherheit der Banken ermittelt wird, trägt diese die Kosten der Wertermittlung. Häufig wird im Zusammenhang mit der Ermittlung des Beleihungswerts ein Wertgutachten erstellt. Hier versuchen viele Banken die Kosten für das Gutachten auf die Kreditnehmer:innen umzulegen. Derartige Klauseln im Kreditvertrag sind jedoch nicht zulässig.

Im Jahr 2007 entscheid das Landgericht Stuttgart, dass Banken und Kreditinstitute bei der Ermittlung des Beleihungswerts im eigenen Interesse handeln und daher gesetzlich verpflichtet sind die Kosten selbst zu tragen. Eine Umlage der Kosten auf die Kunden ist daher nicht rechtens.

1a- und 1b-Hypotheken

Je nach Höhe des Darlehens werden zwei Hypothekenarten unterschieden.

1a-Hypothek

Bei der 1a-Hypothek liegt die Höhe des Darlehens unterhalb der ermittelten Beleihungsgrenze. Im Falle einer Zwangsversteigerung erhält derjenige, der an erster Stelle im Grundbuch steht, zuerst seine Entschädigung. Damit das möglich ist, wird das 1a-Hypothekendarlehen mit einer erstrangingen Grundschuld abgesichert. Durch diese Position genießen die Banken bei der 1a-Hypothek die größte Sicherheit und gewähren niedrigere Zinsen.

1b-Hypothek

Bei einem 1b-Hypothekendarlehen liegt die Darlehenssumme über der ermittelten Beleihungsgrenze und der Beleihungsauslauf über 100%. 1b-Hypotheken werden durch ein zweitrangiges Grundpfandrecht abgesichert und bergen daher ein höheres Risiko für die Banken. Daher liegen die Zinssätze bei 1b- höher als bei 1a-Hypothekendarlehen.

Immobilien ohne Eigenkapital mit 110% Finanzierung kaufen

Unter gewissen Voraussetzungen gewähren Banken auch eine Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital. Bei einer 110% Finanzierung werden nicht nur die Kosten für den Immobilienkauf oder -bau über einen Kredit finanziert, sondern auch die Kaufnebenkosten, die anfallen. Fehlt das Eigenkapital komplett, geht die Bank von einem hohen Ausfallrisiko aus. Dementsprechend hoch fallen die Zinsen bei einer 110% Finanzierung aus. Hinzu kommt, dass die monatliche finanzielle Belastung durch höhere Ratenzahlungen ansteigt.

Eine 110% Finanzierung wird nur gewährt, wenn die Kreditnehmer:innen eine hohe Bonität und ein überdurchschnittlich hohes Einkommen aufweisen. Auch, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, empfiehlt es sich dennoch 10 bis 15 Prozent des Kaufpreises als Eigenkapital anzusparen, um von günstigeren Konditionen zu profitieren.

Beleihungswerte in der Praxis

Leider gehen auch beim Beleihungswert Theorie und Praxis auseinander. So zeigt sich, dass der Beleihungswert oftmals weit unterhalb des Kaufpreises liegt und die Banken bei der Bewertung sehr vorsichtig vorgehen.

Beleihungswerte häufig weit unter Kaufpreisen

Der Beleihungswert dient zur Sicherheit der Banken. Um sich möglichst gut gegen einen möglichen Ausfall abzusichern, sind die Banken bestrebt den Beleihungswert so gering wie möglich anzusetzen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass bei einer Zwangsversteigerung keine Verluste drohen. Für die Kreditnehmer:innen hingegen stellt ein niedriger Beleihungswert hingegen ein Problem dar. Denn mitunter fällt die Kreditsumme so niedriger aus als ursprünglich geplant. Hinzu kommt, dass die Konditionen steigen, wenn die Darlehenssumme und der Beleihungswert sehr nah beieinander liegen.

Warum ist der Beleihungswert so wichtig?

Der Beleihungswert stellt sicher, dass jeder Kredit nur in der Höhe vergeben wird, die im Falle einer Versteigerung oder eines Verkaufs durch die Immobilie abgedeckt wäre. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass die Banken bei einem Ausfall nicht auf ihren Kosten sitzen bleiben.

5 Tipps für die Immobilienfinanzierung

Wenn der Beleihungswert ermittelt wurde und die Höhe des Darlehens feststeht, ist der Traum vom Eigenheim zum Greifen nah. Mit den folgenden Tipps können unnötige Zusatzkosten vermieden werden:

  • Konditionen vergleichen
  • Eigenkapital/Eigenleistung
  • Niedrige Zinsen sichern
  • Sondertilgung vereinbaren
  • Fördergelder prüfen

Konditionen vergleichen

Auch wenn bereits eine Kreditzusage von einer Bank vorliegt, sollten Kreditnehmer:innen immer die Konditionen anderer Anbieter vergleichen. Gerade beim Zinssatz können schon ein paar Prozentpunkte weniger einen erheblichen Unterschied ausmachen und mitunter mehrere tausend Euro einsparen. Wer vorab die Angebote vergleicht, ist optimal gerüstet für anstehende Finanzierungsgespräche und kann so unter Umständen attraktivere Konditionen aushandeln.

Eigenkapital/Eigenleistung

Wenn das Eigenkapitel unter der 10 bis 15 Prozent Grenze liegt, sollte gut überlegt werden, ob es nicht sinnvoller ist, den Hauskauf zu verschieben und stattdessen weitere Eigenmittel anzusparen. Wer hingegen ein Haus bauen möchte, der kann durch die sogenannte Muskelhypothek die Kosten senken. Das bedeutet, dass die Bauherren so viel wie möglich der Arbeiten in Eigenleistung durchführen und so die Baukosten gesenkt werden können. Diese Option bietet sich natürlich nur an, wenn die zukünftigen Eigeheimbesitzer über das notwendige handwerkliche Geschick verfügen.

Niedrige Zinsen sichern

Niedrigzinsphasen bieten sich optimal an, um sich diese mit einer langen Zinsbindungsfrist über 15 oder sogar 25 Jahre zu sichern. Auf diese Weise profitieren Kreditnehmer:innen langfristig von den niedrigen Zinsen und profitieren von einer hohen Planungssicherheit. Wird zusätzlich der Tilgungssatz optimal gewählt, kann zudem die Restschuld für die Anschlussfinanzierung gering gehalten werden. Um möglichst gut von den niedrigen Zinsen zu profitieren, empfiehlt es sich den Tilgungssatz etwas höher zu wählen, als es sonst üblich ist.

Sondertilgungen vereinbaren

Sondertilgungen bieten eine gute Möglichkeiten, um Kredite schneller bedienen zu können. Damit die schnelle Tilgung nicht zum Nachteil wird, sollte darauf geachtet werden, dass der Kreditvertrag kostenlose Sondertilgungen beinhaltet. Viele Banken gewähren standardmäßig eine Sondertilgung in Höhe von 5% pro Jahr.

Fördergelder prüfen

Eine weitere Kostenersparnis bieten Fördergelder. So gewähren zum Beispiel viele Städte Fördergelder für Familien an. Zusätzlich können Familien und Alleinerziehende vom Baukindergeld profitieren. Werden an einem Neu- oder Altbau zudem energieeinsparende Baumaßnahmen vorgenommen, können dafür KfW-Kredite in Anspruch genommen werden.

Kreditvergleich

Unabhängig von der Höhe des Darlehens, ist ein Kreditvergleich unverzichtbar, um die bestmöglichen Konditionen für die Immobilienfinanzierung zu erhalten. Wer diese Möglichkeit nicht nutzt, verschenkt unter umständen mehrere tausend Euro. Beim Kreditvergleich sollte nicht nur ein Blick auf den effektiven Jahreszins geworfen werden. Auch die Möglichkeit von Sondertilgungen sollte idealerweise kostenfrei gegeben sein.

Fazit

Der Beleihungswert ist ein wichtiger Faktor bei der Vergabe von Immobilienfinanzierungen und wird als Grundlage zur Ermittlung der Darlehenssumme herangezogen. Über den Beleihungswert wird sichergestellt, dass die Banken bei einem Ausfall des Kreditnehmers keine Verluste machen und die Kosten durch einen Verkauf der Immobilie gesenkt werden können. Um das Risiko möglichst gering zu halten, wird vom Beleihungswert noch ein Risikoabschlag abgezogen. Die Summe, die sich daraus ergibt, stellt schließlich die Beleihungsgrenze und damit auch die maximal mögliche Darlehenssumme dar. Für die Banken ist der Beleihungswert daher von großer Bedeutung, weshalb sie häufig versuchen diesen so gering wie möglich anzusetzen. Was zum Vorteil der Banken ist, wird für die Kreditnehmer:innen jedoch zu Nachteil. Ein niedriger Beleihungswert schränkt nicht nur den finanziellen Spielraum ein, sondern treibt auch die Kosten in die Höhe.

FAQ

Was ist der Beleihungswert?

Der Beleihungswert gibt die Summe an, die eine Bank bei einem Verkauf oder einer Versteigerung für eine Immobilie erhalten würde.

Wie berechnen Banken den Beleihungswert?

Die Berechnung des Beleihungswert erfolgt mit verschiedenen Bewertungsverfahren. Bei diesen Verfahren wird der Markt- oder Verkehrswert der Immobilie berücksichtigt und zur Ermittlung des Beleihungswerts herangezogen.

Was ist der Beleihungsauslauf?

Der Beleihungsauslauf zeigt das Verhältnis der Darlehenssumme zum Beleihungswert in Prozent an. Je höher diese Prozentzahl ist, desto geringer ist das Eigenkapital, das die Kreditnehmer:innen vorweisen können. Dementsprechend wirkt sich ein hoher Beleihungsauslauf negativ auf die Kreditkonditionen aus und führt zu hohen Zinssätzen.

Welche Verfahren zur Wertermittlung gibt es?

Unterschieden werden das Ertragswertverfahren, das Sachwertverfahren und das Vergleichswertverfahren.

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Feda Mecan

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Ich investiere seit mehreren Jahren in internationale Start-ups und habe 2015 OnlineBanken.com gegründet, um ein transparentes und unabhängiges Finanzportal in Deutschland zu etablieren.