Bankkonto für Geflüchtete

Feda Mecan
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Geschäftsführer und Investment-Experte Letzte Überarbeitung am 23. Dezember 2022
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Vor dem Hintergrund, dass rund 40 Millionen Bürger:innen in der EU kein Girokonto besaßen, beschloss die EU-Kommission im April 2014, dass es künftig für alle Menschen in Europa möglich sein soll, ein Girokonto zu eröffnen. Doch die Mühlen der EU mahlen langsam – zu langsam, befand die Bundesregierung. Sie hat daher das Zahlungskontengesetz verabschiedet, welches seit dem 1. Juni 2016 die Eröffnung eines Kontos auf Guthabenbasis für alle ermöglicht.

Das Konto für jedermann gibt es doch schon…

Die deutschen Banken hatten sich 1995 selbst dazu verpflichtet, ein Guthabenkonto für jedermann anzubieten. Die Sparkassen taten dies, trotz ihres öffentlich-rechtlichen Auftrags, erst im Jahr 2012. Fakt ist aber, dass das Konto für jedermann, auch Bürgerkonto genannt, längst nicht für jedermann zur Verfügung stand. Die Bundesregierung sprach in Bezug auf die Kontoeinrichtung von „sozialpolitischer Rosinenpickerei“. Trotz Selbstverpflichtung gab es immer wieder Gründe, eine Kontoeröffnung abzulehnen.

Ein Bankkonto ohne Ausweis?

Mit dem Zahlungskontengesetz hat die Bundesregierung alle Menschen in Deutschland in die potenzielle Zielgruppe „Bankkund:in“ eingebunden. Ganz gleich ob obdachlos, geflüchtet oder geduldet ohne Asylbescheid, aber auch ohne Abschiebemöglichkeit – das „Konto für alle“ war endlich auch für alle. Ein Regierungssprecher umschrieb das Thema Geflüchtete als Kontoinhaber:innen damit, dass alle, die unter die Genfer Konventionen fallen, ein Konto in Deutschland eröffnen dürfen. Wer sich rechtmäßig innerhalb der Europäischen Union aufhält, hat einen Anspruch darauf. Damit geht die Bundesregierung über alle Vorschläge der Banken und Sparkassen selbst, aber auch über die Forderung der EU-Kommission weit hinaus.

Nun werden die Banken argumentieren, dass eine Kontoeröffnung nur mit ordnungsgemäßen Legitimationspapieren erfolgen kann. Dieser Forderung können aber viele der in Deutschland angekommenen Geflüchteten nicht nachkommen. Auch hier hat die Regierung im Rahmen des Gesetzes durch eine einfache Regelung Abhilfe geschaffen.

Info

Besitzen Antragsteller:innen keinen Ausweis, genügen die Dokumente der jeweiligen Asylbehörde als Legitimationspapier. Für das Basiskonto gilt ein erleichterter Eröffnungsprozess.

Und wenn sich die Bank weigert?

Die Regierung meint es mit der Umsetzung ernst, sodass sich Banken und Sparkassen nicht mehr weigern können. Liegt der Kontoeröffnungsantrag zusammen mit dem Legitimationspapier oder den Unterlagen der Asylbehörde vor, haben die Institute 10 Tage Zeit, um das Konto zu eröffnen. Geschieht dies nicht, können sie von der BaFin dazu gezwungen werden. Eine negative SCHUFA ist als Ablehnungsgrund nicht ausreichend, da sie bei Geflüchteten nicht existiert. Es müssen Sachverhalte wie nachgewiesener Kreditbetrug im Heimatland vorliegen, um die Eröffnung dieses Kontos auf Guthabenbasis zu verweigern.

Das Vorgehen im Zusammenhang mit Geldwäsche bleibt von der Eröffnung eines Basiskontos unberührt. Insofern können Banken und Bürger:innen völlig unbesorgt bleiben.

Ist das Basiskonto kostenlos?

Es steht den Kreditinstituten offen, für ein Basiskonto Gebühren zu verlangen. Diese müssen sich allerdings im Rahmen der Gebühren bewegen, welche die Unternehmen auch für andere Konten verlangen, so die Bundesregierung. Darüber hinaus besteht eine erweiterte Informationspflicht. Die Banken und Sparkassen müssen ihre Kund:innen einmal jährlich über die Konditionen informieren. Die Bundesregierung plant darüber hinaus, selbst Webseiten einzurichten, auf denen potenzielle Bankkund:innen selbst die Konditionen vergleichen können. Gerade Menschen aus dem Ausland, die mehr oder weniger unfreiwillig nach Deutschland gekommen sind, finden hier eine Orientierung und laufen nicht Gefahr, ein Konto bei einem Institut mit grenzwertigen Kosten zu eröffnen.

Hinweis

Ein kostenloses Bankkonto gibt es übrigens unter anderem bei N26.

Number26
(Quelle: Screenshot N26 Webseite)

Welche Chancen bietet der Rechtsanspruch auf ein Girokonto?

Die Popularität der damaligen Kanzlerin Merkel war Ende des Jahres 2015 in weiten Kreisen der CSU rapide gesunken. Mit einem Rechtsanspruch von Geflüchteten und Asylbewerber:innen auf ein Girokonto hatte sie noch einmal Wasser auf die Mühlen der Befürworter:innen der Politik „Sachleistung statt Bargeld“ gegossen.

Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass ein Girokonto einen kleiner Schritt auf dem Weg der so laut geforderten schnellen Integration darstellt. Darüber hinaus bietet ein Girokonto auch die Option der Entlastung der Mitarbeiter:innen in den Anlaufstellen für Asylsuchende. Ein Dauerauftrag muss nur einmal eingerichtet werden, während die finanzielle Unterstützung zuvor Monat für Monat händisch ausgezahlt werden musste.

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Feda Mecan

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Ich investiere seit mehreren Jahren in internationale Start-ups und habe 2015 OnlineBanken.com gegründet, um ein transparentes und unabhängiges Finanzportal in Deutschland zu etablieren.