Vermieterpfandrecht

Sercan
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Letzte Überarbeitung am 26. April 2023
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Wenn zwei Vertragsparteien sich dazu entscheiden, einen Mietvertrag zu schließen, müssen Vermieter:innen den Mieter:innen den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit gewähren. Im Gegenzug müssen die Mieter:innen den zwischen den Parteien vereinbarten Mietzins und in den meisten Fällen auch eine Mietkaution entrichten. Im Geschäftsalltag kommt es nicht selten vor, dass Mieter:innen mit der Zahlung des Mietzinses in Verzug geraten. Die Zahlung erfolgt nach § 556b BGB bereits zu spät, wenn sie nicht spätestens bis zum 3. Werktag entrichtet wurde. In solchen Fällen kann den Vermieter:innen ein sogenanntes Vermieterpfandrecht zustehen. Was das Vermieterpfandrecht ist, was dieses Recht umfasst und wie es ausgeübt wird, erfährst du im Folgenden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Vermieter:innen können immer dann pfänden, wenn Mieter:innen laufende Kosten nicht mehr zahlen und dadurch Mietschulden entstehen.
  • Es gibt pfändbare und unpfändbare Gegenstände.
  • Gepfändete Gegenstände können verkauft oder öffentlich versteigert werden, um die offenen Forderungen begleichen zu können.
  • Schaffen Mieter:innen die infrage kommenden Gegenstände weg, können sie sich strafbar machen.

Definition und gesetzlicher Rahmen des Vermieterpfandrechts

Beim Vermieterpfandrecht handelt es sich um ein sogenanntes besitzloses gesetzliches Pfandrecht der Vermieter:innen. Es erstreckt sich auf die von den Mieter:innen in die Mieträume eingebrachten Sachen für etwaige Forderungen aus dem Mietverhältnis. Die gesetzlich niedergeschriebenen Regelungen zum Vermieterpfandrecht befinden sich in den §§ 562 ff. BGB.

Hinweis

Als eingebracht gelten solche Sachen, die mit dem Willen der Mieter:innen während der jeweiligen Mietzeit in die Mieträume hineingeschafft wurden.

Das gesetzliche Vermieterpfandrecht kann immer nur aufgrund eines bestehenden Mietvertrags entstehen, der jeweils Wohnräume, sonstige Räume oder auch Grundstücke zum Gegenstand hat. Nach § 562 BGB haben Vermieter:innen das Recht, bei Mieter:innen zu pfänden, sollten diese den Mietzahlungen im Laufe der Zeit plötzlich nicht mehr nachkommen.

Gleich im ersten Absatz des § 562 BGB findet sich eine Einschränkung – diese bezieht sich auf Sachen, die der Pfändung nicht unterliegen und auf die sich das Vermieterpfandrecht somit nicht erstreckt. In Absatz 2 wird weiterhin bestimmt, dass ein Pfandrecht für künftige Entschädigungsforderungen und für den Mietzins für eine spätere Zeit als das laufende und das folgende Mietjahr nicht geltend gemacht werden kann.

Den Mieter:innen ist also zu empfehlen, immer darauf zu achten, den Mietzins pünktlich zu zahlen, damit es gar nicht erst zu solchen Fällen kommt. Wenn es Zahlungsschwierigkeiten geben sollte, ist es ratsam, sich frühzeitig an die Vermieter:innen zu wenden, um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.

Was umfasst das Vermieterpfandrecht?

Das Vermieterpfandrecht umfasst nur solche Forderungen, die aus einem Mietverhältnis entstanden sind. Es gilt sowohl für Gewerbe- als auch für Wohnraummietverhältnisse. Der Rechtsgrund dieser Forderung muss somit in der Gebrauchsüberlassung der jeweiligen Mietsache liegen. In der Praxis handelt es sich am häufigsten um Miete und Nebenkosten, den Ersatz des Mietausfalls, offene Forderungen aus Betriebskostenabrechnungen oder entstandene Folgeschäden wegen einer unterlassenen Mängelanzeige und um Beschädigungen der Mietsache selbst.

Hinweis

Der Unterschied zwischen Miete und Pacht besteht darin, dass die Pacht sich meistens auf Grundstücke bezieht, während die Miete in Verbindung mit Immobilien gezahlt wird.

Zu Abweichungen kommt es bei Pachtverträgen, denn hier können lediglich vertragliche Forderungen wie die Pacht oder Forderungen aus der Betriebskostenabrechnung geltend gemacht werden. Anderweitige Entschädigungen wie Schäden an der Mietsache oder Folgeschäden können bzw. dürfen im Gegensatz zur Miete nicht geltend gemacht werden.

Betroffene Personengruppen

Wen das Pfandrecht betrifft, liegt praktisch auf der Hand, denn es bezieht sich auf die Mieter:innen und Vermieter:innen von Immobilien und Grundstücken.

Vermieter:innen

Vermieter:innen steht nach dem BGB das Vermieterpfandrecht zu. Dies bezieht sich insbesondere auf die Gegenstände, die von Mieter:innen in die Mietsache eingebracht wurden, denn diese können dazu dienen, Forderungen aus dem bestehenden Mietverhältnis durchzusetzen.

Vermieter:innen können Mieter:innen über das Pfandrecht informieren und bereits ankündigen, davon Gebrauch zu machen, sofern es zu einem vorzeitigen Auszug kommen sollte. Um eine Pfändung vorzunehmen, bedarf es idealerweise eines gerichtlichen Titels. Betroffene Vermieter:innen müssen sich somit an ein Gericht wenden, um den Vollstreckungstitel zu erlangen.

Anhand einer von Gerichtsvollzieher:innen aufgestellten Liste kann letztendlich eine Pfändung vorgenommen werden. Vermieter:innen dürfen auf keinen Fall eigenmächtig die Räumlichkeiten der Mieter:innen betreten. Es ist ein gerichtliches Urteil notwendig, das das Betreten gestattet.

Mieter:innen

Mieter:innen sind in der Hinsicht betroffen, dass sie im Falle einer Pfändung eine Menge Stress über sich ergehen lassen müssen. Es ist immer empfehlenswert, sich in einer Situation, in der Zahlungen nicht geleistet werden können, an die Vermieter:innen zu wenden, um eine außergerichtliche Lösung zu finden. Mögliche Optionen wären beispielsweise eine Rückzahlung in kleineren Teilsummen oder das Hinterlegen einer Sicherheitsleistung, die dem Wert der offenen Forderungen entspricht.

Hinweis

Die Abwendung der Pfändung durch eine Sicherheitsleistung ist gesetzlich in § 562c BGB geregelt.

Mieter:innen müssen beachten, dass Vermieter:innen trotz eines generellen Betretungsverbots der Mietsache eine Pfändung gerichtlich durchsetzen und das Verbot dadurch umgehen können. Gelingt es Vermieter:innen, einen solchen Beschluss zu erwirken, dürften sie theoretisch alle Gegenstände der Mieter:innen pfänden, die nicht für den dringenden Bedarf gedacht sind.

Die Gegenstände dürfen sie dann zur öffentlichen Versteigerung oder zum Verkauf anbieten. Vom erzielten Erlös werden sowohl die offenen Forderungen als auch die eventuell entstandenen Gerichtskosten gezahlt. Liegt der Erlös summenmäßig über den offenen Forderungen, müssen Vermieter:innen die Differenz an die Mieter:innen zurückzahlen.

Funktionsweise und Ausübung des Vermieterpfandrechts

Ist es zu Zahlungsausfällen gekommen und soll das Vermieterpfandrecht geltend gemacht werden, müssen vorab einige Aspekte berücksichtigt werden. Im ersten Schritt müssen Vermieter:innen den Mieter:innen die Durchsetzung des Pfandrechts ankündigen, damit sich diese darauf einstellen können. Den Mieter:innen muss grundsätzlich eine Frist von 3 Wochen gewährt werden, in der sie die Möglichkeit haben, die offenen Forderungen doch noch zu begleichen. Ist dies nach Ablauf dieser Zeit nicht geschehen, setzt sich der Vorgang mit einem Räumungstitel und dem Einsatz der Gerichtsvollzieher:innen fort. Für die reine Geltendmachung ist noch kein gerichtliches Verfahren notwendig. Ein einfaches Schreiben mit der darin enthaltenen Ankündigung der Durchsetzung reicht bereits aus.

Gegenstände, die gepfändet werden dürfen

Aus den bisherigen Ausführungen ist bereits hervorgegangen, dass nicht alle in der Mietsache befindlichen Gegenstände gepfändet werden dürfen. Damit ein Gegenstand als pfändbar gilt, muss er bestimmte Voraussetzungen erfüllen. An erster Stelle muss er durch die Mieter:innen in die Mietsache eingebracht worden sein – er darf also nicht nur vorübergehend in den gemieteten Räumen abgestellt sein. Bei Gewerberäumen muss es sich zum Beispiel um Inventar handeln und in Wohnräumen betrifft dies Möbel und anderes Wohnungszubehör.

Bei einer Pfändung sind stets die Pfändungsschutzvorschriften der Zivilprozessordnung zu beachten. Eine zentrale Vorschrift ist § 811 Abs. 1 ZPO. In diesem Paragrafen ist geregelt, dass sämtliche Gegenstände, die zum persönlichen Gebrauch zählen oder zum Haushalt gehören, im Normalfall unpfändbar sind. Weiterhin müssen die Mieter:innen auch Eigentümer:innen der infrage kommenden Gegenstände sein.

Pfändbare Gegenstände:

  • Gegenstände, deren Eigentümer:innen die betroffenen Mieter:innen sind
  • generell Gegenstände, die von den Mieter:innen in die Mieträume eingebracht wurden

Nicht verpfändbare Gegenstände

Zu den Gegenständen, die nicht gepfändet werden dürfen, zählen ganz allgemein solche Sachen, die dem Pfändungsschutz des § 811 ZPO unterliegen, sowie Objekte, die nicht in die Mieträume eingebracht wurden oder deren rechtmäßige Eigentümer:innen nicht die Mieter:innen sind.

Unpfändbare Gegenstände:

  • dem Pfändungsschutz unterliegende Gegenstände gemäß § 811 ZPO
  • Grundstücke und Immobilien
  • Gegenstände des täglichen Lebensbedarfs, wie zum Beispiel Kleidung
  • PKW und Gegenstände, die sich außerhalb des Mietobjekts befinden
  • gemietete und geleaste Gegenstände
  • geliehene Gegenstände
  • Gegenstände von Ehe- oder Lebenspartner:innen, wenn diese nicht mit im Mietvertrag stehen
  • Eigentum von Untermieter:innen oder Mitbewohner:innen

Ablauf und Besonderheiten des Verfahrens

Nachdem Vermieter:innen die Durchsetzung des Pfandrechts gegenüber den Mieter:innen angekündigt und einen gerichtlichen Titel erwirkt haben, beginnen die Gerichtsvollzieher:innen mit ihrer Tätigkeit. Diese haben die Befugnis, die Wohnung der Mieter:innen zu betreten, um eine Liste mit allen pfändbaren Gegenständen zu erstellen. Sämtliche Gegenstände, die für die Pfändung geeignet sind, werden dabei mit einer Pfandmarke gekennzeichnet. Im Anschluss wird der Abtransport der Gegenstände veranlasst.

Im nächsten Schritt erfolgt die Versteigerung im öffentlichen Rahmen, um mit den erzielten Beträgen die offenen Schulden zu tilgen. Gemäß § 814 ZPO haben die Gerichtsvollzieher:innen die Befugnis zu bestimmen, wo die Versteigerung stattfindet. Eine Versteigerung ist auch über das Internet möglich. Kommt es durch die Versteigerung zu Überschüssen, müssen diese den Mieter:innen ausgezahlt werden.

Aus rein rechtlicher Perspektive benötigen Eigentümer:innen von Wohnhäusern keinen gerichtlichen Titel, der die Rechtmäßigkeit einer Forderung bestätigt. Die notwendige Unterstützung der ausführenden Gewalt kommt lediglich daher, dass Vermieter:innen zum einen nicht dazu berechtigt sind, die Wohnung von Mieter:innen zu betreten und zum anderen, Gegenstände aus dieser Wohnung an sich zu nehmen, um offene Rechnungen zu begleichen. Sobald sich Eigentümer:innen dazu entscheiden, die Wohnung dennoch zu betreten und eigenhändig Gegenstände zu pfänden, können sie sich strafbar machen.

Verwertung von Gegenständen im Vermieterpfandrecht

Die Verwertung der Gegenstände richtet sich nach den für das vertragliche Pfandrecht geltenden Vorschriften, die sich aus §§ 1222, 1227-1250, 1252, 1255, 1256 BGB ergeben. Die betreffenden Gegenstände können nach § 1233 BGB durch Verkauf oder nach §§ 1234–1242 BGB im Zuge einer öffentlichen Versteigerung verwertet werden.

Beide Wege sind relativ zeitaufwendig und führen in vielen Fällen nicht zum gewünschten Erfolg. Solange die Mieter:innen das Mietobjekt noch nutzen, sollten Vermieter:innen versuchen, den durch die Ankündigung verursachten Druck auszunutzen, indem zum Beispiel ein Abholtermin angekündigt, auf den Straftatbestand der Pfandkehr hingewiesen oder erwähnt wird, dass die Verkäufe und Versteigerungen meistens nicht für einen zufriedenstellenden Erlös sorgen können.

Was tun, wenn Mieter:innen gepfändete Gegenstände wegschaffen?

Um die gepfändeten Gegenstände zu erhalten, kann es dazu kommen, dass Mieter:innen diese wegschaffen und anderswo unterbringen. In solchen Fällen machen sie sich gemäß § 289 StGB der Pfandkehr schuldig. Neben dem Aspekt, dass sich Mieter:innen so strafbar machen, haben Vermieter:innen nach § 562b Abs. 1 BGB auch das Recht, die Entfernung der betroffenen Sachen zu verhindern. Es ist jedoch nicht gesetzlich geregelt, wie weit dieses Recht gehen kann. Im Normalfall können Vermieter:innen der Entfernung lediglich widersprechen oder Maßnahmen wie das Verschließen von Türen ergreifen. Auch beim Auszug der Mieter:innen ist das Pfandrecht weiterhin gültig und die Vermieter:innen dürfen die gepfändeten Gegenstände in ihren Besitz nehmen.

Fazit

Mieter:innen ist es immer anzuraten, die vereinbarte Miete regelmäßig und pünktlich zu zahlen, da Vermieter:innen ansonsten Gebrauch von ihrem Vermieterpfandrecht machen können. Dadurch haben sie die Möglichkeit, bestimmte Gegenstände aus dem Besitz der Mieter:innen zu verpfänden, um so die offenen Forderungen begleichen zu können. Dazu können diese verkauft oder öffentlich versteigert werden. Ausgenommen von der Pfändung sind sämtliche Gegenstände, die für den täglichen Lebensbedarf benötigt werden.

Mieter:innen sollten Abstand von der Idee nehmen, pfändbare Gegenstände aus dem Mietobjekt zu entfernen, um die Verpfändung zu umgehen, da dies strafbar ist. Um allen hier beschriebenen Strapazen zu entgehen, hilft es nur, keine offenen Forderungen entstehen zu lassen.

FAQ: Fragen und Antworten zum Vermieterpfandrecht

Wann greift das Vermieterpfandrecht?

Das Vermieterpfandrecht greift bei offenen Forderungen aus Mietzahlungen, ausstehenden Nebenkosten und auch bei Schadenersatzansprüchen.

Wie mache ich das Vermieterpfandrecht geltend?

Für die Geltendmachung solltest du diese den Mieter:innen am besten schriftlich ankündigen und ihnen genügend Zeit einräumen, um die Verpfändung durch eine Sicherheitsleistung abzuwenden.

Wann dürfen Vermieter:innen pfänden?

Vermieter:innen dürfen jederzeit pfänden, wenn Mieter:innen die Zahlung laufender Kosten einstellen.

Was dürfen Vermieter:innen nicht pfänden?

Gegenstände des täglichen Lebensbedarfs sowie Gegenstände, die kein Eigentum der Mieter:innen sind, dürfen nicht gepfändet werden. Gleiches gilt für Immobilien und Grundstücke.

Können Vermieter:innen Möbel pfänden?

Möbel gehören zu den unpfändbaren Gegenständen.

Was gehört zum Vermieterpfandrecht?

Es besteht für Forderungen aus Mietverträgen für vergangene und auch künftige Zeiträume, allerdings nur für das laufende und das folgende Mietjahr.

Was unterliegt nicht dem Vermieterpfandrecht?

Dem Vermieterpfandrecht unterliegen keine Gegenstände, die nicht in das Mietobjekt eingebracht wurden.

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Sercan Kahraman

Veröffentlicht von

Ich bin seit Jahren Privatanleger und bin bei OnlineBanken.com der Projektleiter sowie dafür zuständig, dass die Inhalte im Internet gut gefunden und oft gelesen werden.