Andienungsrecht

Feda Mecan
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Geschäftsführer und Investment-Experte Letzte Überarbeitung am 19. November 2023
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Heutzutage wird das Leasing vor allem bei PKWs genutzt, aber nicht nur in diesem Bereich ist das Leasing beliebt. Nachdem es einen starken Aufschwung bei den Absätzen von Fahrrädern gab, kam es auch bei Fahrrädern dazu, dass dort Leasingräder angeboten wurden. Die Leasinggeber:innen haben nach Ablauf einer bestimmten Zeit ein sogenanntes Andienungsrecht. Durch dieses Andienungsrecht werden die Leasinggeber:innen in die Lage versetzt, dass sie das geleaste Objekt den Leasingnehmer:innen zum Kauf anbieten können.
Was das Andienungsrecht genau ist, welche Sonderfälle es gibt und wie das Andienungsrecht in der Geldanlage aussieht, erklären wir im Folgenden.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Das Andienungsrecht ist vor allem in Leasingverträgen zu finden.
  • Dieses Recht bringt gerade den Leasinggeber:innen einige Vorteile.
  • Die Leasingnehmer:innen tragen häufig das komplette Wertminderungsrisiko.
  • Sonderfälle des Andienungsrechts sind bei Immobilien und im Bereich von Unternehmensgesellschaften zu finden.

Andienungsrecht: Definition und Bedeutung

Ganz allgemein gilt das Andienungsrecht als Recht der Leasinggeber:innen, den Leasingnehmer:innen das jeweilige geleaste Objekt nach dem Ablauf der im Vertrag vereinbarten Zeit zum Kauf anzubieten.
Bieten die Leasinggeber:innen den Leasingnehmer:innen das Objekt zum Kauf an, müssen diese das angediente Objekt übernehmen. Liegt also ein Leasingvertrag mit einem Andienungsrecht vor, entscheiden die Leasinggeber:innen, ob die Leasingnehmer:innen das Leasingobjekt zum Ende der Laufzeit hin ankaufen müssen oder nicht.

Anwendung

Das Andienungsrecht findet häufig bei sogenannten Teilamortisationsverträgen Anwendung – wenn also lediglich eine Teilamortisation gegeben ist. Besonders oft ist das Recht zur Andienung bei Leasingverträgen mit Fahrzeugen wie zum Beispiel Firmenwagen oder bei einem Dienstfahrrad zu finden. Das Andienungsrecht dient dazu, dass ein Angebot von vornherein zu einem Vollamortisationsvertrag wird.

Hinweis

Der Leasingvertrag ist im BGB nicht ausdrücklich geregelt. Die Rechtsnatur ergibt sich regelmäßig aus den getroffenen Vereinbarungen. Eigentlich ist der Leasingvertrag ein normaler Gebrauchsüberlassungsvertrag.

Diese Verträge sind für die Leasinggesellschaft gerade dann interessant, wenn die Leasinggeber:innen nicht davon ausgehen können, dass die geleaste Sache bzw. das geleaste Objekt nicht an eine dritte Person, nach Ablauf der vereinbarten Zeit, veräußerbar ist. Im Bereich von Autos sind solche Fälle oft gegeben, wenn die Kund:innen das Fahrzeug mit vielen und auch auffälligen Extras ausstattet. Solche Extras können stark auffällige Felgen oder unübliche Lackfarben sein. Diese Art der Extras kosten im Normalfall mehr Geld und erhöhen meist nur auf dem Papier richtig den Wert des Fahrzeugs.

In Wahrheit ist es aber so, dass gerade ausgefallene Farben dafür sorgen, dass das Fahrzeug beinahe nicht mehr wiederverkäuflich ist. Zum Beispiel dann, wenn die Farbe selbst nur Interesse bei einem äußerst kleinen Kundenstamm erzeugen kann. Selbst bestimmte Sonderausstattungskombinationen sind dazu in der Lage ein Leasingfahrzeug im faktischen Bereich unverkäuflich zu machen. Die Anbieter:innen werden in den Konstellationen mit hoher Wahrscheinlichkeit Gebrauch von ihrem Andienungsrecht machen. Das Andienungsrecht wird dann im Leasingvertrag zwischen den Parteien schriftlich vereinbart.

Beispiele

Damit man sich ungefähr ein Bild davon machen kann, wie genau das Andienungsrecht funktioniert, folgt nun ein Beispiel:
Angenommen man möchte ein Auto leasen und das über drei Jahre und der Neuwert dieses Wagens liegt bei rund 30.000,00 Euro. Vereinbaren die Vertragsparteien, dass eine monatliche Leasingrate von 300,00 Euro zu zahlen ist, haben die Leasingnehmer:innen nach den drei Jahren 10.800,00 Euro vom Neupreis getilgt. Vertraglich haben die Parteien weiter einen Restwert von 20.000,00 Euro festgelegt.

Kommt es nun dazu, dass das Fahrzeug tatsächlich weniger wert sein sollte, dass die Leasingnehmer:innen es nicht kaufen wollen und, dass die Leasinggeber:innen am Markt 15.000,00 Euro erzielen, müssen die früheren Leasingnehmer:innen 5.000,00 Euro an die Leasinggeber:innen zahlen. Diese 5.000,00 Euro stellen die Differenz zwischen dem Verkaufspreis und dem zwischen den Parteien vereinbarten Restwert dar.

Wegen dieser Gründe kaufen viele Leasingnehmer:innen das einst geleaste Fahrzeug – und das gerade, weil sie sich über die Zeitnatürlich an das Fahrzeug gewöhnt haben. Nicht nur die Gewohnheit steckt dahinter, sondern auch die Überlegung, dass sie den Restwert möglicherweise durch ihre Nutzung etwas stärker gesenkt haben.

Andienungsrecht aus Sicht des Leasinggebers

Betrachtet man das Konstrukt des Andienungsrechts aus dem Blickwinkel der Leasinggeber:innen, wird man schnell feststellen können, dass das Andienungsrecht für sie relativ vorteilhaft ist. Sie bekommen zum Anfang vom Leasinggeschäft zwar nur einen Teilbetrag des Fahrzeugwerts, bekommen aber durch die Vereinbarung des Andienungsrechts das Recht, den Leasingnehmer:innen das Fahrzeug zum Restwert anzudienen. Die Leasingnehmer:innen sind dann dazu verpflichtet, das Fahrzeug bzw. das Leasingobjekt zu erwerben. Sie zahlen dann den bis dahin noch nicht amortisierten Restwert des Fahrzeugs.

Andienungsrecht aus Sicht des Leasingnehmers

Aus der Sicht der Leasingnehmer:innen stellt sich das Andienungsrecht eher negativ dar, denn das Recht dient eher einseitig den Leasinggeber:innen als Option, das Fahrzeug bei Bedarf an die Leasingnehmer:innen zu verkaufen. Die Leasingnehmer:innen haben dadurch eine Pflicht zum Kauf das Fahrzeugs, im gleichen Moment aber kein Recht oder Anspruch auf den Kauf.

Hinweis

Ist der Marktwert nach Vertragsende höher als der kalkulierte Restwert, können die Leasinggeber:innen einfach entscheiden, dass das Objekt zum Verkauf an Dritte angeboten wird.

Die Leasingnehmer:innen tragen bei Vereinbarung des Andienungsrechts vollständig das Wertminderungsrisiko. Dass sie das komplette Wertminderungsrisiko tragen scheint im ersten Moment zwar sehr unvorteilhaft, allerdings haben die Leasingnehmer:innen auch den größten Einfluss auf die tatsächlich anfallende Wertminderung. Je nachdem, wie das Fahrprofil ist und wie man mit dem Leasingobjekt letztendlich umgeht, kann die Wertminderung des Objekts mal größer und mal kleiner ausfallen, sodass man am Ende doch noch relativ günstig aus dem Vertrag herauskommt.

Sonderfälle

Im Alltag gibt es bestimmte Vertragsbeziehungen, die nicht unbedingt typisch sind, um ein Andienungsrecht zwischen den Parteien zu vereinbaren. Diese Vertragsbeziehungen zählen gewisser Maßen zu den Sonderfällen des Andienungsrechts, können aber durchaus vorkommen.

Ausscheiden von Gesellschafter:innen

Gerade bei Gesellschaften wie der GmbH kommt es öfter dazu, dass Gesellschafter:innen aus verschiedenen Gründen irgendwann aus der Gesellschaft ausscheiden und die übrigen Gesellschafter:innen wissen nicht, was mit den Gesellschaftsanteilen passiert. Sie können sich entweder ein Vorkaufsrecht an den Anteilen sichern oder sie entscheiden sich für die bessere Variante des Andienungsrechts. Im Gesellschaftsvertrag wird dann festgelegt, dass der Geschäftsanteil der ausscheidenden Person erst einmal den übrigen Gesellschafter:innen angedient werden muss. Scheitert die Andienung, kann der Anteil dann erst an eine dritte Person verkauft werden.

Andienungsrecht bei Grundstücken

Auch bei Immobilien kann ein Andienungsrecht in Verträgen vereinbart werden. So können die Verkäufer:innen mit den Käufer:innen vereinbaren, dass beim Verkauf eines Hauses den Mieter:innen vorzugsweise das Recht zustehen soll, das Objekt zu erwerben. Diese Vereinbarung enthält in einem Vorrechtsvertrag in Abgrenzung zum gesetzlich gewährten Vorkaufsrecht nur die Verpflichtung, die Sache den jeweiligen Vertragspartner:innen oder anderen bestimmten Dritten anzubieten und diesen Vorrang vor anderen Interessenten zu geben. Eine Andienungspflicht, die darüber hinausgeht besteht nur, wenn der Inhalt des Angebots so bestimmt ist, dass ein Gericht ohne eigenes Ermessen den wesentlichen Vertragsinhalt durch ein Urteil feststellen kann.

Alternativen

Eine Alternative zu dem Andienungsrecht kann die sogenannte Mehrerlösbeteiligung sein. Während die Leasingnehmer:innen beim Andienungsrecht dazu verpflichtet sind das geleaste Objekt zu kaufen, wenn es zu einer Andienung kommt, wird der geleaste Gegenstand bei der Mehrerlösbeteiligung nach der Vertragslaufzeit an eine dritte Person verkauft und der erzielte Gewinn wird geteilt.

Hinweis

Ein generelles, gesetzliches Vorkaufsrecht ergibt sich unter anderem aus § 577 BGB.

Im Bereich der Immobilien gibt es als Alternative das Vorkaufsrecht. Während sich die Konditionen des Vertrages bei einem Vorkaufsrecht aus dem bereits abgeschlossenen Vertrag ergeben und die Käufer:innen einfach in diesen Vertrag eintreten, müssen die Immobilien bei der Vereinbarung eines Andienungsrechts zwar angeboten werden, aber sie müssen nur verkauft werden, wenn sie wenigstens zu den gleichen Konditionen wie eine dritte, unabhängige Person sie anbietet gekauft wird.

Andienungsrecht in der Geldanlage

Selbst in der Welt der Geldanlage ist es möglich ein Andienungsrecht zu vereinbaren. Geht es um Optionsgeschäfte, wird den Käufer:innen einer sogenannten Call-Option das Recht eingeräumt den jeweiligen Basiswert erwerben zu können. Sie verpflichten die Käufer:innen dadurch dazu, bei einer Andienung den normalen Basiswert anzudienen.

Fazit

Das Andienungsrecht ist vor allem bei Leasingverträgen ein häufig aufzufindendes Konstrukt, das am meisten den Leasinggeber:innen zugutekommt. Sie können das geleaste Objekt nach der vertraglichen Laufzeit den Leasingnehmer:innen zum Kauf anbieten und diese sind grundsätzlich dazu verpflichtet, das Objekt zu erwerben. Die Leasingnehmer:innen tragen hierbei das Wertminderungsrisiko. Die Leasingnehmer:innen sollten also unbedingt darauf achten, ob sich solch eine Vereinbarung im Leasingvertrag befindet. Ist dies der Fall, ist es ratsam zu versuchen die Vereinbarung zu umgehen.

FAQ: Fragen und Antworten zum Andienungsrecht

Was versteht man in einem Leasingvertrag unter Andienungsrecht?

Das Andienungsrecht erlaubt es den Leasinggeber:innen das geleaste Objekt den Leasingnehmer:innen anzudienen. Die Leasingnehmer:innen sind dann dazu verpflichtet das geleaste Objekt zu erwerben.

Was bedeutet risikoloses Andienungsrecht?

Risikoloses Andienungsrecht bedeutet, dass es den Leasingnehmer:innen ermöglicht wird das geleaste Objekt gegen eine im Vorhinein vereinbarte Schlussrate zu erwerben.

Was ist die Problematik des Andienungsrechts?

Die Problematik des Andienungsrechts ist, dass die Leasingnehmer:innen grundsätzlich das Wertminderungsrisiko tragen und am Ende mehr zahlen können, als das Leasingobjekt überhaupt wert war/ist.

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Ich investiere seit mehreren Jahren in internationale Start-ups und habe 2015 OnlineBanken.com gegründet, um ein transparentes und unabhängiges Finanzportal in Deutschland zu etablieren.