Zertifikate sind Inhaberschuldverschreibungen bzw. strukturierte Anleihen und frei handelbare Wertpapiere. Herausgeber sind Banken, Finanzdienstleistungsinstitute und weitere Emittenten. Ein Zertifikat ist an die Wertentwicklung eines Basiswertes (Aktie, Indizes, Rohstoff) gebunden. Welchen Mehrwert Zertifikate bieten, wie sie gekauft werden und was Anleger:innen beachten müssen, erfährst du in unserem Beitrag.
Das Wichtigste in Kürze
Zertifikate sind strukturierte Finanzinstrumente mit unterschiedlichen Rendite-Risiko-Profilen, mit denen Anleger:innen alle möglichen Anlagestrategien umsetzen können.
Bei Anlagezertifikaten handelt es sich um verbriefte Derivate, die sich auf bestimmte Wertpapiere wie Aktien und Anlehen oder auf Indizes beziehen.
Emittenten dieser Produkte sind Banken und Investmentgesellschaften. Diese zahlen die laut Prospekt vorgesehenen Geldbeträge an Zertifikateinhaber:innen aus.
Merkmale des Zertifikats sind u.a.:
Anleger:innen erhalten durch ein Zertifikat die Möglichkeit, mit wenig Kapital an einer steigenden, fallenden oder seitwärts laufenden Bewegung des Basiswertes zu partizipieren. Zertifikate notieren an regulierten Märkten und können jederzeit verkauft werden.
Zertifikate gibt als Anlageprodukte und Hebelprodukte. Bei Anlageprodukten handelt es sich um Produkte mit längerfristigem Anlagehorizont, wie Kapitalschutz-, Index-, Discount- oder Bonuszertifikate.
Hebelprodukte dienen dem kurzfristigem Spekulieren. Inhaber:innen können mit Hebelzertifikaten von positiven oder negativen Wertentwicklungen des Basiswerts profitieren. Von fallenden Kursen kannst du beim Aktienleerverkauf profitieren. Zu den gehebelten Zertifikaten gehören Optionsscheine, Turbo-Zertifikate und Faktor-Zertifikate.
Die Komplexität der Zertifikate zeigt sich daran, dass beide Gruppen eine Vielzahl verschiedener Zertifikate-Typen umfasst. Diese wiederum eignen sich für unterschiedliche Anleger:innen, bestimmte Marktphasen und jeweilige Sicherheitsansprüche. Das Zertifikate-Angebot umfasst Anlageprodukte mit, ohne und mit bedingtem Kapitalschutz sowie Hebelzertifikate.
Beim Zertifikat mit bedingtem Kapitalschutz können Anleger:innen beim Investment einen teilweisen Kapitalschutz genießen. Dazu dürfen vorbestimmte Barrieren während der Laufzeit des Zertifikats nicht erreicht werden. Zu diesen Finanzinstrumenten gehören u.a. Bonus- und Expresszertifikate.
Zertifikate ohne Kapitalschutz wie Index-, Discount- und Outperformance-Zertifikate gelten als wenig komplizierte Produkte, da die Nachbildung der Wertentwicklung ihrer Basiswerte das Ziel darstellt. Einige Zertifikate bilden die Entwicklungen des Basiswerts proportional nach.
Hebelprodukte ohne Knock-Out
Hebelprodukte mit Knock-Out
Zertifikate ermöglichen Anleger:innen die Teilnahme an Ertragschancen in jeder Marktlage. Sie können in steigenden, fallenden und seitlich laufenden Marktphasen mit Profit investieren. Dank der verschiedenen Typen von Zertifikaten werden Anleger:innen jedes Risikoprofils bedient. Das passende Produkt findet ein sicherheitsorientierter Anleger:in ebenso wie der spekulative Händler:in. Risiko und Ertragschance steigen bei offensiverer Strategie und umgekehrt.
Die Transparenz bei Zertifikaten wird deutlich durch:
Der Emittent eines Zertifikats darf laut Gesetz Merkmale seines Produkts ändern, sollte es die Marktsituation erfordern. Das kann im Fall einer Fusion und Neugründung des Unternehmens notwendig werden. Die als Basiswert dienenden Aktien des alten Unternehmens werden durch neue Aktien ersetzt. Genau Regelungen können im Prospekt des jeweiligen Zertifikats nachgelesen werden.
Auch wenn Zertifikate als transparent und teilweise einfach beworben werden, eignen sie sich eher für erfahrene Händler:innen. Profis nutzen sie zum Absichern von Depots oder einzelnen Wertpapieren. Kurzfristig orientierte Daytrader spekulieren über die Preise auf Entwicklungen von Basiswerten.
Bei Zertifikate unterliegen dem Emittentenrisiko bzw. Bonitätsrisiko und gehören nicht zum Sondervermögen. Die gesetzlichen Einlagensicherungssysteme wirken ebenfalls nicht.
Inhaberschuldverschreibungen fallen nicht unter die Einlagensicherung. Ein Teil- oder Totalverlust droht, wenn die Emittentin des Zertifikats in die Insolvenz muss. Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung verhindern, dass die Emittentin ihren Verpflichtungen aus dem Zertifikate-Verkauf nicht oder nur zum Teil nachkommen kann.
Ein Beispiel für Emittentenrisiko ist die Pleite der Investmentbank Lehman-Brothers im Jahr 2008. In Folge der Lehmann-Pleite verloren rund 50.000 deutsche Investor:innen rund eine Milliarde Euro mit ihren Lehman-Zertifikaten. Der Zertifikate-Markt in Deutschland 2022 ist mit mehr als 1,1 Millionen strukturierter Wertpapiere umfangreich, doch beträgt das Volumen mit etwa 70 Milliarden Euro bezogen auf die Zeit vor der Finanzkrise etwa die Hälfte. (Quelle: Lars Brandau, Deutscher Derivate-Verband – DDV). Zum Vergleich in offenen Investmentfonds hierzulande sind mehr als eine Billion Euro angelegt.
An Kosten bei Zertifikaten kommen auf den Anleger:in neben den allgemeinen Depot- und Transaktionsgebühren im Wesentlichen Ausgabeaufschlag und Spread zu. Weitere mögliche Kosten sind Opportunitätskosten, Managementgebühr und Zinssteuern. Gebühren können für die Beratung beim Zertifikate-Handel anfallen.
Ausgabeaufschlag: Bei Erstzeichnung von Zertifikaten fällt wie bei Fonds ein Ausgabeaufschlag in Höhe von einem bis drei Prozent an.
Spread: Werden Zertifikate nach der Erstzeichnung bzw. während der Laufzeit gekauft, zahlt man den sogenannten Spread. Zertifikate-Kurse (Geld- und Brief-Kurs) stellen die Emissionsbanken. Die Differenz aus Geld- und Brief-kurs ist der Spread. Komplexere Produkte haben einen größeren Spread. Ein Spread unter 0,5 Prozent gilt als günstig. Bei Zertifikaten auf DAX-Aktien ist der Spread niedriger als bei Aktien aus Schwellenländern.
Indexzertifikate sind bezogen auf Kosten transparent und günstig, weil Zertifikate-Anbieter bei diesen einfachen Produkten der Entwicklung eines Index 1:1 folgen. Es entfällt das Strukturieren verschiedener Komponenten.
Managementgebühr: Sie fallen nur bei Zertifikaten an, deren Laufzeiten open end bzw. mit unbeschränkt sind. Es handelt sich um versteckte Kosten, die quartalsweise oder jährlich anfallen und innerhalb des Zertifikats verrechnet werden. Diese Gebühren betragen pro Jahr ab 0,5 bis 1,5 Prozent.
Opportunitätskosten: Ausgebende Bankinstitute behalten in der Regel Erträge der Basiswerte (Dividenden, Zinsen usw.) ein.
Zinssteuern: Bei Schuldverschreibungen (Anleihen) wird das Kapital abhängig von der Art des Zertifikates verzinst. Diese Zinsen unterliegen der Abgeltungssteuer.
Beratungsentgelt: Kaufen Anleger:innen das Zertifikat nicht als Selbstentscheider, sondern beim Bankberater oder einem Vertriebspartner, fällt unter Umständen eine Provision an. Beratungsleistungen dürfen in Rechnung gestellt werden. Der Emittent oder die Bankfiliale muss dem Anleger:in gegenüber über die Höhe der Gebühr Mitteilung machen.
Kursgewinne beim Verkauf eines Zertifikats während der Laufzeit sind meist steuerpflichtig, gilt für alle strukturierten Anleihen. Steuerpflichtig ist die Rendite (Emissionsrendite), die bei der Erstausgabe des Zertifikates zugesagt und bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit bzw. bei Veräußerung mit Sicherheit erzielt wird.
Anleger:innen können Zertifikate auf mehreren Wege kaufen. Der Kauf der Zertifikate ist am Primärmarkt (Erstemission bzw. während der Zeichnungsphase) sowie am Sekundärmarkt möglich. Gehandelt werden Zertifikate über Börsen oder im außerbörslichen Direkthandel, beispielsweise über Lang & Schwarz.
Das Zertifikate-Universum ist angesichts von mehr als einer Million handelbarer Zertifikate allein in Deutschland riesig, was das finden des richtigen Zertifikats nicht einfach gestaltet.
Zum Zurechtfinden hast du einige Möglichkeiten. Die einfachste Suchmöglichkeit sind online Zertifikate-Finder auf Börsen-, Bank- und Broker-Webseiten. Angeboten werden sie u.a. bei Börse, Frankfurt, Börse Stuttgart, Smartbroker oder comdirect. Auch bei den Zertifikate-Emittenten wie UBS, Morgan Stanley, BNP Paribas, DekaBank, DZ Bank oder LBBW kannst du dich über Zertifikate informieren.
Anleger:innen wählen zum Kauf eines gewünschten Zertifikats den Briefkurs („Ask“), zum Verkauf den Geldkurs („Bid“). Die Spanne zwischen beiden Kursen bildet den Spread. Je nach Broker und Depotbank werden weitere Transaktionskosten verrechnet. Ein Depot Vergleich hilft beim Sparen, denn bei den günstigsten Zertifikate-Brokern oder im Rahmen von Derivate-Aktionen handelst du Zertifikate ab 0 Euro.
Vorteile
Zu den wesentlichen Vorteilen von Zertifikaten zählen, dass mit ihnen in alle möglichen Anlageklassen investiert werden kann, darunter auch Rohstoffe oder Edelmetalle, die nicht so leicht zugänglich sind. Ein Anleger:in kann auf den Goldpreis spekulieren und ein Zertifikat auf den Gold kaufen. Die Alternative wäre, sich einen physischen Goldbarren in den Tresor zu legen. Für Rohstoffe wie Öl und Gas gilt ähnliches. Zertifikate lassen für Absicherungszwecke einsetzen, beispielsweise um das Depot oder einzelne Wertpapiere gegen Kursschwankungen abzusichern.
Nachteile
Zu den wesentlichen Nachteil von Zertifikaten zählt das Anlagerisiko, welches Anleger:innen eingehen. Ebenso ein Nachteil ist das bereits erwähnte Emittentenrisiko. Geht der Emittent bzw. Zertifikate-Herausgebers pleite, können sie ihr komplettes Geld verlieren.
Hohes Verlustrisiko besteht auch, wenn der Emittent nicht insolvent wird. Besonders riskant ist das Investieren in Hebelzertifikate, da sich der Verlust unter Umständen vervielfacht.
Zertifikate und börsengehandelte Indexfonds (ETFs) ermögliche beide eine indirekte Anlage in Basiswerte (Finanz- oder Sachwerte).
Zertifikate sind entweder Anlageprodukt oder Hebelprodukt. Du kannst sie zur Depotabsicherung und zum Spekulieren einsetzen. Aufgrund der hohen Verlustrisiken und der teilweisen Komplexität sind Zertifikate nur für erfahrene Anleger:innen geeignet.
Lediglich Index-Zertifikate, beispielsweise auf den DAX, sind für Anfänger:innen weniger problematisch, da sie 1:1 wie ein ETF die Wertentwicklung des Indizes nachbilden. Das Emittentenrisiko lässt sich durch kluge Auswahl des Anbieters weitgehend ausschließen.
Grundsätzlich solltest du Zertifikate verstanden haben, bevor du sie handelst. Investieren solltest du immer mit einer Strategie. Kennst du das Ziel, lässt sich der günstigste Weg dorthin ausmachen.
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Hier findest du Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen.
Zertifikate sind Finanzinstrumente. Sie beinhalten auf Optionen zugrunde liegende Anlagestrategien, die an einem geregelten Markt handelbar sind. Zugleich sind Zertifikate verbriefte Derivate mit einer offiziellen Marktnotierung, die indirekte Investitionen in verschiedenen Basiswerte wie Aktien oder Rohstoffe ermöglichen. Während Hebelzertifikate ein spekulatives Risiko-Rendite-Profil kennzeichnet, passen Anlage-Zertifikate langfristig angelegten Anlagestrategien passen.
Zertifikate bieten erfahrenen Anleger:innen Möglichkeiten zur Absicherung und zum Spekulieren. Mit geringem Kapital lässt sich in zugrunde gelegte Basiswerte investieren. Es können hohe Gewinne sowohl bei Long- als auch Short-Entwicklungen realisiert werden. Das hohe Verlustrisiko und das Emittentenrisiko sprechen gegen Zertifikate.
Die wesentlichen Kosten bei Zertifikaten beinhalten bei Erstzeichnung einen Ausgabeaufschlag und den Spread. Je nach Zertifikat können Managementgebühren, Opportunitätskosten und Zinssteuern anfallen. Beratungsprovisionen werden immer dann berechnet, wenn du Zertifikate mit Bankberatungsleistungen oder beim Vertriebspartner der Emittenten erwirbst.
Zertifikate kannst du über einen Broker oder eine Depotbank auf Börsen oder außerbörslich kaufen. Ein Zertifikate-Finder hilft dir bei der Suche nach dem passenden Zertifikat. Kaufen solltest du nur, wenn du das Finanzinstrument verstanden hast.