Aktiengesellschaften haben meistens ein großes Interesse daran, dass die Aktionär:innen zufrieden sind. In dem Zusammenhang werden oft einige Maßnahmen ergriffen, die zusammengefasst unter der Bezeichnung Shareholder Value oder Shareholder Value Ansatz bekannt sind.
In unserem Beitrag erfährst du, worum es sich beim Shareholder Value Ansatz handelt. Ferner gehen wir darauf ein, was das Ziel dieses Ansatzes ist, auf welche Weise die Ermittlung des Shareholder Value erfolgen kann, worin die Vor- sowie Nachteile bestehen und welche häufigen Fragen es zum Thema Shareholder Value gibt.
Das Wichtigste in Kürze
Um den Shareholder Value Ansatz zu verstehen, möchten wir zunächst kurz darauf eingehen, worum es sich bei den Shareholdern handelt und was deren Interessen sind. Shareholder lassen sich mit Anteilseigner:innen übersetzen, sodass es sich dabei in aller Regel um Anleger- und Investor:innen handelt. Diese haben das vornehmliche Ziel, mit ihren Aktien oder sonstigen Anteilen eine möglichst gute Rendite, also einen Gewinn, zu generieren. Es ist demzufolge im Interesse aller Aktionär:innen, dass der Unternehmenswert der Aktiengesellschaft steigt und das Unternehmen möglichst gute Gewinne generiert.
Auf dieser Grundlage basiert auch der Shareholder Value Ansatz. Es handelt sich dabei um eine Art Strategie, die Aktiengesellschaften häufig verfolgen, um den eigenen Aktionärswert und den Unternehmenswert zu erhöhen. Shareholder Value (Aktionärswert) meint übrigens in erster Linie den Marktwert des Eigenkapitals, welches ein Unternehmen aufweisen kann. Eine gleichbedeutende Definition ist daher der Unternehmenswert, der sich wiederum durch den aktuellen Kurswert der Aktie ermitteln lässt. Im Grunde meinen die folgenden Bezeichnungen also ein und dasselbe, nämlich:
Der Shareholder Value Ansatz ist dementsprechend ein Konzept aus der Betriebswirtschaft, bei dem verschiedene Zahlungen betrachtet werden, die sich aus dem operativen Geschäft ergeben. Dabei findet die Unternehmensbewertung meistens auf Grundlage des freien Cashflow statt. Kernziel des Shareholder Value Ansatzes ist und bleibt, dass die Aktionär:innen möglichst zufrieden mit Ihrem Investment sind und im Idealfall überdurchschnittliche Renditen generieren können. Aus dem Grund zielen einige Maßnahmen beim Shareholder Value Ansatzes darauf ab, dass sich der Kurs der Aktien möglichst positiv entwickelt.
Das Ziel des Shareholder Value Ansatzes ist im Prinzip gleichzeitig der Grund, warum diese Strategie insbesondere von etwas größeren Aktiengesellschaften verfolgt wird. Es geht im Kern darum, dass Anleger:innen zufriedengestellt werden, die mit ihrem Investment naturgemäß eine möglichst gute Rendite erzielen möchten. Darüber hinaus wird der Shareholder Value Ansatz in Unternehmen häufig deshalb angewendet, weil sich auf diese Weise durch den Shareholder Value der aktuelle Wert des Unternehmens darstellen lässt.
Dieser Börsenwert wiederum kann für Übernahmekandidaten interessant sein, die entweder das gesamte Unternehmen oder Teile davon erwerben möchten. Die bedeutendste Größe im Bereich des Shareholder Value Ansatzes ist das Eigenkapital des Unternehmens. Dessen Vermehrung ist gleichbedeutend mit einer Steigerung des Unternehmenswertes, sodass auch die Aktionär:innen im Grunde einen gestiegenen Wert in Händen halten.
In der Praxis gibt es mehrere Möglichkeiten, wie du für eine Aktiengesellschaft den Shareholder Value ermitteln kann. Im Folgenden möchten wir daher die drei gängigsten Methoden aufführen und jeweils ein kurzes Beispiel nennen, wie in der Praxis das Ermitteln fürs Shareholder Value funktionieren würde.
McKinsey ist bekanntlich eine weltweit agierende Unternehmensberatung. Die Grundlage für die Berechnung des Cashflow ist nach der Shareholder Value Ermittlung durch McKinsey der Jahresabschluss, und zwar vor Berücksichtigung von Steuern und Zinsen. Im nächsten Schritt wird diesem Jahresüberschuss das Ergebnis der G+V-Rechnung zugerechnet. Damit in einem weiteren Schritt der Netto-Cashflow ermittelt werden kann, findet eine Korrektur dieses berechneten Ergebnisses um die Erweiterungsinvestitionen statt.
Als Beispiel für die Shareholder Value Ermittlung nach McKinsey nehmen wir zunächst an, dass der Netto-Cashflow Barwert sich auf 220.000 Euro beläuft. Der Restwert des Unternehmens als Barwert ist mit 57.000 Euro festgelegt. Hinzu kommt noch der aktuelle Marktwert des Fremdkapitals in Höhe von 30.000 Euro. Auf dieser Grundlage letztlich der Shareholder Value wie folgt ermittelt:
Netto-Cashflow (Barwert): 220.000 €
+ Restwert des Unternehmens (Barwert): 57.000 €
= Unternehmenswert: 277.000 €
– Marktwert des Fremdkapitals: 30.000 €
= Shareholder Value: 247.000 €
Eine andere Methode der Berechnung des Shareholder Value ist die Ermittlung nach Rappaport. Voraussetzung für die Berechnung ist in dem Fall, dass die Unternehmensführung dazu in der Lage ist, zwischenzeitliche Ergebnisse zu nennen. Darüber hinaus ist es eine wichtige Grundlage für die Berechnung, dass die Ursprungsgröße im Hinblick auf den Unternehmenswert der Barwert betrieblicher Cashflows, die in der Zukunft entstehen.
Es findet also eine Prognose im Hinblick auf den Ertragswert für einen fest definierten Zeitraum statt, bei der insbesondere die Dauer der Wertsteigerung, getätigte Investitionen und das Umsatzwachstum berücksichtigt werden. Das Ergebnis dieser Prognose des Ertragswertes ist der betriebliche Cashflow. Anschließend findet eine Addition des Barwertes des Restwertes statt sowie der Marktwert der Aktien und eventueller, weiterer Investitionen. Das Ergebnis dieser Berechnung wiederum ist der Unternehmenswert. Zieht man dann noch den Marktwert des Fremdkapitals ab, erhält man den Shareholder Value.
Auch diese Berechnung möchten wir mit einem Beispiel verdeutlichen. Wir gehen davon aus, dass sich der betriebliche Cashflow auf 80.000 Euro beläuft. Der Restwert-Barwert liegt bei 35.000 Euro und der Marktwert von Aktien nebst anderer Investitionen ist bei 55.000 Euro angesiedelt. Nun fehlt noch der Marktwert des Fremdkapitals, der im Beispiel 60.000 Euro beträgt. Die Berechnung sieht nun wie folgt aus:
Betrieblicher Cashflow: 80.000 €
+ Restwert des Unternehmens: 35.000 €
+ Marktwerte Aktien / Investitionen: 55.000 €
= Unternehmenswert: 170.000 €
– Marktwert Fremdkapital: 60.000 €
= Shareholder Value: 110.000 €
Eine dritte Methode, wie sich der Shareholder Value ermitteln lässt, ist die der Boston Consulting Group, einer großen Unternehmensberatung. Im Gegensatz zu den zwei vorherigen Methoden liegt der Fokus hier nicht auf dem Cashflow und der Kapitalwertmethode. Stattdessen steht die Kennzahl CFROI im Zentrum. Die Abkürzung steht für „Cashflow Return on Investment“, anders ausgedrückt die Kapitalrendite eines Unternehmens. Wichtig zu wissen ist, dass dieser CFROI vergangenheitsorientiert ist. Zudem wird bei diesem Ansatz davon ausgegangen, dass es Auswirkungen eines internen Zinsfußes auf den Unternehmenswert gibt, sollte dieser höher sein als die Kosten für Fremdkapital.
Für die anschließende Berechnung des Cashflow ist es unabdingbar, die sogenannte Bruttoinvestitionsbasis zu kennen. Diese wiederum resultiert aus den Aktiva der Aktiengesellschaft, die abgeschrieben werden können. Die Berechnung des CFROI wird vorgenommen, indem zunächst die Abschreibungen vom Brutto-Cashflow subtrahiert werden. Anschließend findet eine Division des Ergebnisses durch die Bruttoinvestitionsbasis statt.
Nehmen wir im Beispiel zur Verdeutlichung an, dass sich der Brutto-Cashflow einer Aktiengesellschaft auf 700.000 Euro beläuft. Zudem gibt es Abschreibungen, die einen Wert von 40.000 Euro haben und es existieren abschreibbare Aktiva in Höhe von 6.000 Euro. Der Marktwert des Fremdkapitals wird ebenfalls benötigt und beläuft sich im Beispiel auf 30.000 Euro. Daraus ergibt sich die folgende Berechnung:
Brutto-Cashflow: 700.000 €
– Abschreibungen: 40.000 €
= CFROI I: 660.000 €
/ Bruttoinvestitionsbasis: 6.000 €
= CFROI II: 110.000 €
– Marktwert Fremdkapital: 30.000 €
= Shareholder Value: 80.000 €
Ein großer Vorteil des Shareholder Value Ansatzes besteht darin, dass die Aktiengesellschaft die Interessen der Aktionär:innen und damit der Anteilseigner:innen immer im Blick hat und Maßnahmen darauf ausrichtet. Darüber hinaus ist bei der Ermittlung des Shareholder Value positiv, dass ein Unternehmenswert für die Zukunft berechnet wird. Da der Cashflow eine nur schwer zu manipulierende Größe darstellt, jedoch beim Shareholder Value Ansatz die Grundlage ist, ist dies ebenfalls als Vorteil aufzuführen.
Es gibt mehrere Nachteile des Shareholder Value Ansatzes, wie zum Beispiel, dass die sogenannten Stakeholder weniger beachtet werden. Dazu zählen unter anderem Mitarbeiter:innen, die oft mangelnde Wertschätzung der Arbeitgeber:innen beklagen. Ebenfalls zu den Nachteilen gehört, dass es meistens keine Übereinstimmung mit dem aktuellen Börsenwert des Unternehmens gibt, die Planungsgenauigkeit leidet und darüber hinaus auch die Qualität der Produkte und Dienstleistungen geringer ausfallen könnte.
Auf Grundlage der Nachteile gibt es nicht selten Kritik am Shareholder Value Ansatz. Bemängelt wird vor allem, dass bei dieser Strategie zu sehr und manchmal ausschließlich auf die Interessen und Wirtschaftsziele der Anteilseigner:innen geachtet wird, dabei jedoch die Stakeholder nicht selten vernachlässigt werden. Das sind in erster Linie die Mitarbeiter:innen. Fühlen diese sich jedoch vernachlässigt und nicht gewertschätzt, kann sich das negativ auf die Motivation damit auf die Leistung auswirken. Darüber hinaus wird auch die bereits angesprochene, nicht selten geringere Produkt- und Dienstleistungsqualität bemängelt, die letztendlich manchmal ein Folge des Shareholder Value Konzeptes sein kann.
Shareholder profitieren in aller Regel vom gleichnamigen Ansatz eines Unternehmens, weil ihre Interessen stark im Vordergrund stehen. Hast du jedoch als Nicht-Anteilsinhaber:in ebenfalls das Wohl des Unternehmens – aus welchem Grund auch immer – im Blick, solltest du darauf achten, dass die AG auch einen Stakeholder-Ansatz verfolgt.
Der Shareholder Value Ansatz wird in erster Linie von größeren Aktiengesellschaften verfolgt, ist allerdings durchaus manchmal ebenfalls bei mittelgroßen Unternehmen zu finden. Es geht dabei vor allem um die Berechnung des Unternehmenswertes und das Ziel, die Rendite für Anteilseigner:innen und Aktionär:innen möglichst attraktiv zu machen. Daher finden Rahmen des Shareholder Value Konzeptes manchmal sogar bewusste Käufe der eigenen Aktien statt, um die Kursentwicklung attraktiv zu machen.
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Hier findest du Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen.
Der Shareholder Value Ansatz ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil dadurch gezeigt wird, dass ein Unternehmen seine Anteilseigner:innen, bei Aktiengesellschaften vornehmlich die Aktionär:innen, zu schätzen weiß und sich in gewisser Weise nach deren wirtschaftlichen Zielen richtet. Durch verschiedene Maßnahmen beim Shareholder Value Ansatz kann die Aktiengesellschaft ferner für Investor:innen attraktiver werden, wenn zum Beispiel der Unternehmenswert für die Zukunft dargelegt werden kann.
Beim Shareholder Value Ansatz wird der Fokus ganz klar auf die Interessen der Anteilsinhaber:innen gelegt, also der Aktionär;innen, die Aktien des Unternehmens im Depot haben. Beim Stakeholder Konzept hingegen stehen neben den Shareholdern, also den Aktionär:innen, auch die sogenannten Stakeholder im Vordergrund. Dabei kann es sich zum Beispiel um Mitarbeiter:innen des Unternehmens handeln, aber auch andere Personen, die zwar keine Anteile haben, dennoch jedoch ein Interesse daran, dass dem Unternehmen gut geht.