Ein Schuldner kann sich von seinem Schuldenberg befreien, wenn er Privatinsolvenz anmeldet. Allerdings gibt es einige Voraussetzungen hierfür, welche wir in diesem Artikel näher beleuchten werden. Da eine Privatinsolvenz öffentlich wird und somit den Ruf des Schuldners belasten könnte, zeigen wir dir zudem Möglichkeiten auf, wie du diese vermeiden kannst. Außerdem erklären wir dir ganz genau, wie das Insolvenzverfahren abläuft.
Das Wichtigste in Kürze
Bei einer Privatinsolvenz handelt es sich um die Insolvenz einer Privatperson. Hat sich jemand so sehr verschuldet, dass er die Schulden nicht mehr begleichen kann, dann kann diese Person Privatinsolvenz anmelden, um sich so von den Schulden zu befreien. Obwohl die Schuldenlast nicht vollständig beglichen werden konnte, werden die Schulden dann gestrichen. Dieser Prozess wird auch Restschuldbefreiung genannt. Allerdings kann nicht jeder einfach so seine Schulden löschen, indem er eine Privatinsolvenz beantragt, es gibt hierfür genaue Kriterien.
Im Jahr 2021 kam es zu einer Gesetzesänderung, was Privatinsolvenzen betrifft. Durch diese verkürzt sich der Zeitraum bis zur Schuldenfreiheit von 6 auf nur noch 3 Jahre. Nach Ablauf dieser Zeit sollen die Schuldner gegenüber den Gläubigern keine Schulden mehr zahlen müssen. Dadurch sollen insbesondere Schuldner entlastet werden, die aufgrund der Corona-Krise in eine finanziell prekäre Lage geraten sind. Diese können so einen schnelleren, schuldenfreien Neuanfang starten. Die Reform sieht aber nicht nur Entlastungen der Schuldner vor, sondern auch Verschärfungen in bestimmten Bereichen.
So ist eine Bedingung für die Schuldner, dass diese keine unangemessenen Verbindlichkeiten während des Restschuldverfahrens eingehen dürfen. Wenn innerhalb dieser 3 Jahre also unangebrachte Schulden aufgenommen werden, dann kommt es zu einer sofortigen Aussetzung des Restschuldverfahrens. Außerdem kommt es im Rahmen der Gesetzesänderung zu einer Sperrfrist von 11 Jahren nach erfolgter Restschuldbefreiung. In der Vergangenheit lag die Sperrfrist nur bei 10 Jahren.
Das neue Gesetz hat sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf Schuldner. Der Zeitraum zur Entschuldung hat sich signifikant verkürzt, allerdings wurden manche Regeln auch verschärft.
Eine Privatinsolvenz kann unter bestimmten Umständen auch vermieden werden. Grundsätzlich gilt, dass eine Privatinsolvenz dann abgewendet werden kann, wenn du dazu in der Lage bist, deine Schulden zu begleichen. Um eine hohe Schuldenlast zu bewältigen, können kostenlose Angebote einer Schuldnerberatung in Anspruch genommen werden, um das Schuldenproblem in den Griff zu bekommen. Ist dies nicht möglich, dann besteht noch die Möglichkeit einer Einigung mit den Gläubigern, damit es nicht zur Privatinsolvenz kommt. Hierbei wird mit den Gläubigern über eine außergerichtliche Verhandlung nach einer Lösung gesucht.
Wenn die Gläubiger damit einverstanden sind, können die Schulden entweder aufgeschoben, gestückelt oder eventuell sogar erlassen werden. Allerdings ist hierfür zwingend eine Zustimmung aller Gläubiger erforderlich. Wenn auch nur ein Gläubiger ablehnt, ist die Privatinsolvenz meist der einzige Ausweg. Unter bestimmten Umständen kann auch die Aufnahme eines Kredits Sinn machen. Mithilfe eines Kredits können alle Schulden auf einen Schlag gezahlt werden, allerdings sind die Schulden dadurch nicht verschwunden. Diese bleiben bestehen und es müssen zusätzlich zur Tilgung auch Zinsen gezahlt werden. Den besten Kredit zur Umschuldung findest du durch unseren Kredit Vergleich.
Bei einer Umschuldung handelt es sich oftmals nur um eine kurzfristige Lösung, da die Schulden bestehen bleiben.
In den folgenden Abschnitten werden wir im Detail auf die einzelnen Schritte bzw. Phasen eingehen, welche du durchlaufen musst, um ein Insolvenzverfahren erfolgreich zu durchlaufen und nach 3 Jahren schuldenfrei zu sein. Hier schonmal eine kurze Übersicht der einzelnen Phasen:
Bevor das richtige Insolvenzverfahren beginnt, findet ein außergerichtliches Verfahren zur Schuldenbereinigung mit den Gläubigern statt. Das Ziel dieses Verfahrens besteht darin, dass Schuldner und Gläubiger eine Einigung erzielen. Hierfür wird ein Schuldenbereinigungsplan erstellt, welcher den Gläubigern vorgelegt wird. Dein Rechtsanwalt oder dein Schuldnerberater schreibt die Gläubiger an und erläutert ihnen die Situation. Oftmals wird die Tilgung des Kredits in Raten angeboten sowie darum gebeten, einen Teil der Schulden zu erlassen. Ist das Verfahren erfolgreich, kommt es gar nicht erst zur Privatinsolvenz. In der Regel ist es aber nicht von Erfolg gekrönt, weil kaum Gläubiger auf die vollständige Zahlung der Schulden verzichten.
Zu diesem Schritt kommt es, wenn eine außergerichtliche Einigung nicht möglich war. Allerdings muss der Schuldner hierbei den Schuldenbereinigungsplan vorlegen und nachweisen, warum es zu keiner Einigung mit den Gläubigern kam. Wenn das Insolvenzgericht der Ansicht ist, dass ein Schuldenbereinigungsverfahren Sinn macht, dann kann das Gericht diesbezüglich bei den Gläubigern anfragen. Stimmen diese zu, würde es nicht zu einer Privatinsolvenz kommen. Dies ist allerdings unwahrscheinlich, da die Gläubiger schon im ersten Schritt nicht auf ihre Forderungen verzichten wollten.
Dementsprechend kommt es nicht oft zur Durchführung eines gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens. In der Regel wird das Insolvenzverfahren direkt eröffnet.
In diesem Schritt muss der Schuldner mit seinem Anwalt oder Schuldnerberater einen 45 Seiten langen Antrag durchgehen. Es muss ein Verzeichnis über das eigene Vermögen sowie eine Liste aller Schulden und Gläubiger erstellt werden. Daraufhin wird das Gericht zuallererst eine Überprüfung durchführen, ob eine Deckung der Verfahrenskosten besteht. Bei einem Antrag auf Stundung der Kosten des Verfahrens wird das Gericht diesen prüfen. Wird dem Antrag stattgegeben, muss der Schuldner die Kosten des Verfahrens erst nach der Restschuldbefreiung zahlen.
Wird das Verfahren eröffnet, dann kann ein Treuhänder ausgewählt werden. Dieser kümmert sich um die Verwertung des Vermögens des Schuldners. Zudem werden organisatorische Details stets mit dem Treuhänder abgeklärt, sodass dieser sorgfältig ausgewählt werden sollte.
Die Eröffnung des Verfahrens wird auf der Seite “Insolvenzbekanntmachungen.de” veröffentlicht. Das bedeutet, dass dein Verfahren der Öffentlichkeit zugänglich ist.
Ist der Antrag eingegangen, müssen für die nächsten 3 Jahre die gesamten Einkünfte an den Treuhänder abgetreten werden. Dies wird als Abtretungsfrist bezeichnet. Der Teil deines Einkommens, welcher gepfändet werden kann, muss nun an den Treuhänder abgeführt werden. Während dieses Zeitraums dürfen keine neuen, unangebrachten Schulden gemacht werden. Zudem muss die Hälfte eines eventuell anfallenden Erbes an den Treuhänder gegeben werden. Ein Gewinn im Lotto muss sogar in voller Höhe abgegeben werden.
Außerdem besteht die Pflicht einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sollte der Schuldner keine Arbeit haben, so unterliegt er der Nachweispflicht, sich um einen Job bemüht zu haben und keine zumutbare Tätigkeit abgelehnt zu haben.
Sollten sich während der Wohlverhaltensperiode Änderungen ergeben, die das Vermögen oder Einkommen des Schuldners betreffen, dann kann unter Umständen doch eine Einigung mit den Gläubigern erzielt werden. Auch die Gläubiger können von sich aus Verhandlungsbereitschaft signalisieren, sodass die Insolvenz vor Ablauf des Zeitraums beendet werden kann. Oftmals sind Gläubiger nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gesprächsbereiter. Allerdings kann es trotzdem nur dann zu einer Einigung kommen, wenn sowohl Schuldner als auch Gläubiger eine Einigung anstreben und zu Kompromissen bereit sind.
Über die Restschuldbefreiung wird 3 Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vonseiten des Gerichts entschieden. In der Regel wird der Schuldner dann von seinen restlichen Schulden erlöst, sofern er seine Verpflichtungen eingehalten hat und es keine Gründe gibt, die gegen eine Befreiung von der Restschuld sprechen. Sollte der Schuldner Steuern hinterzogen oder nicht für Unterhaltszahlungen aufgekommen sein, dann bleiben diese bestehen. Zinslose Darlehen, die zur Zahlung der Insolvenzverfahrenskosten aufgenommen wurden, müssen ebenfalls zurückgezahlt werden.
Eine Verbraucherinsolvenz hat nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile. Vorteilhaft ist die vollständige Schuldenfreiheit nach nur 3 Jahren. Es gibt keine Pfändungen mehr und ein Teil deines Einkommens bleibt dir, damit du deinen Lebensunterhalt bestreiten kannst. Zudem übernimmt der Treuhänder die Verwaltung deines Vermögens während des Insolvenzverfahren, sodass der Gerichtsvollzieher nicht mehr zuständig ist.
Nachteilhaft ist allerdings, dass das Verfahren öffentlich ist, sodass dein Ruf eventuell darunter leidet. Zudem muss der Arbeitgeber benachrichtigt werden, damit die Buchhaltung den pfändungsfreien Teil deines Gehalts an den Treuhänder überweisen kann. Du erhältst außerdem einen Eintrag in der Schufa und es ist dir nicht erlaubt, einen neuen Konsumkredit aufzunehmen. Weiterhin entstehen zusätzliche Kosten, um Gericht und den Treuhänder zu bezahlen.
Eine Privatinsolvenz ist mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Die Gerichtskosten müssen übernommen und der Treuhänder bezahlt werden. Zudem fallen unter Umständen noch Kosten für den Schuldnerberater oder Anwalt an. Dabei orientieren sich die Kosten für das Gericht und den Treuhänder an der Insolvenzmasse. Hierzu gehört der Teil von deinen Einnahmen, welcher das gesetzlich geregelte Minimum, welches du behalten darfst, übersteigt. Solltest du keinen Job und auch kein Vermögen haben, dann solltest du mit Mindestgebühren in Höhe von rund 2.000 Euro planen.
Wie hoch die Beratungskosten ausfallen, ist schwer zu sagen, weil diese von vielen Faktoren beeinflusst werden. Einige Schuldnerberatungsstellen zum Beispiel bieten Schuldnern kostenlose Hilfe bei der Entschuldung. Hierzu gehört auch die Hilfe bei einem Insolvenzverfahren, sodass du in diesem Fall keine Kosten für den Berater zahlen musst. Wenn du einen Anwalt beauftragst, kannst du zwar beantragen, dass die Anwaltskosten vom Staat getragen werden, allerdings wird dies in der Regel abgelehnt, da es kostenlose Alternativen gibt. Dementsprechend musst du die Kosten für einen Anwalt selbst tragen. Um zu wissen, welche Kosten auf dich zukommen, solltest du mit dem Anwalt eine Pauschale für den Prozess vereinbaren.
Wenn ein Insolvenzfall mit ausländischen Bezügen gegeben ist, dann handelt es sich um ein internationales Insolvenzverfahren. Ein solches Verfahren unterliegt dann dem internationalen Insolvenzrecht. In diesem ist festgeschrieben, an welchem Ort die gerichtliche Zuständigkeit ist und welches Recht angewendet werden muss. Aufgrund der Globalisierung haben immer mehr Personen auch Vermögen im Ausland, weshalb diese Verfahren an Bedeutung gewonnen haben.
Zwar ist eine Entschuldung in England sehr leicht und schnell möglich, allerdings ist dies seit dem Austritt Großbritanniens aus der EU nicht mehr empfehlenswert. Denn ein Umzug ist nun mit deutlich größeren Hürden verbunden. Zudem wird die Restschuldbefreiung in anderen EU-Ländern nicht anerkannt.
Auch in Österreich können Schuldner eine außergerichtliche Einigung erreichen, wenn sie sich mit den Gläubigern auf eine Lösung einigen können. Zudem wird die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ebenfalls veröffentlicht. Bleibt ein außergerichtlicher Ausgleich aus, dann besteht immer noch die Möglichkeit eines Sanierungsverfahrens. Hierbei muss eine Mindestquote in Höhe von 20% der Forderungen erfüllt werden. Diese muss innerhalb von 2 oder spätestens 5 Jahren abgezahlt werden. In der Praxis findet dies aber kaum Anwendung, da die Mehrheit der Gläubiger damit einverstanden sein muss.
Eine Privatinsolvenz in der Schweiz unterscheidet sich stark von der in Deutschland. Denn wird ein Privatkonkurs eröffnet, dann wird das Vermögen des Schuldners auf die Gläubiger verteilt. Bestehen weiterhin Schulden, dann erhält der Schuldner hierfür Schuldscheine. Die Schulden werden demnach nur gestundet und nicht vernichtet. Solange du kein neues Vermögen aufbaust, musst du aber keine weiteren Zahlungen leisten. Eine Lohnpfändung wird zudem aufgehoben, sodass dir wieder das komplette Gehalt zur Verfügung steht. Dementsprechend kann eine Privatinsolvenz in der Schweiz die eigene finanzielle Situation verbessern, ist aber für den Schuldner nicht ganz so positiv wie in Deutschland.
Eine Privatinsolvenz ist für Personen mit hohen Schulden manchmal unvermeidbar. Allerdings kam es durch die Reform im Jahr 2021 zu positiven Änderungen für die Schuldner. Während diese vorher 6 Jahre lang auf eine Restschuldbefreiung warten mussten, hat sich der Zeitraum nun auf 3 Jahre merklich verkürzt. Allerdings wird die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens veröffentlicht, was sich negativ auf den Ruf des Schuldners auswirken kann. Es kann daher trotz der positiven Gesetzesänderungen Sinn machen, sich um eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern zu bemühen.
Danke, dass du dir Zeit genommen hast, um deinen Kommentar zu schreiben. Du hilfst damit das Produkterlebnis zu verbessern und gibts anderen Nutzern die Möglichkeit weitere Informationen zu diesem Beitrag zu lesen.
Hier findest du Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen.
Um eine Privatinsolvenz anmelden zu können, muss ein Schuldenbereinigungsplan erstellt und eine Lösung mit den Gläubigern angestrebt werden. Wenn das nicht klappt, kann ein 45 Seiten langer Antrag eingereicht werden, um die Privatinsolvenz anzumelden.
Vom Nettoeinkommen dürfen Schuldner 1.259,99 Euro pro Monat behalten. Eine Pfändung ist nur für den Teil des Einkommens möglich, welcher diesen Betrag übersteigt.
Die Privatinsolvenz ist für diejenigen empfehlenswert, die keine andere Möglichkeit haben, um ihre Schulden zu begleichen oder aber in 3 Jahren komplett schuldenfrei sein wollen.