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Pflichtteil vom Erbe: Rechtslage, Anspruchsberechtigte, Vorgehen

Kommt es innerhalb der Familie zu einem Todesfall, muss man sich in den meisten Fällen zwangsläufig mit dem zu Lebzeiten verfassten Testament und allgemein dem Erbe auseinandersetzen. Dabei kann es vorkommen, dass Erblasser:innen bestimmte Familienmitglieder oder andere nahestehende Personen enterben. Allerdings geht nicht automatisch jede enterbte Person komplett leer aus. In den meisten Fällen steht diesen immer noch der sogenannte Pflichtteil vom Erbe zu, der auch entsprechend eingefordert werden kann. Was der Pflichtteil genau ist, wie hoch dieser ausfällt und wie man seinen Pflichtteil vom Erbe einfordert, zeigen wir in diesem Beitrag.

Pflichtteil vom Erbe: Rechtslage, Anspruchsberechtigte, Vorgehen (Beitragsbild)

Das Wichtigste in Kürze

  • Erblasser:innen können Angehörige durch ein Testament grundsätzlich enterben, ohne einen Grund dafür anzugeben. Trotzdem können Angehörige noch einen Anspruch auf den Pflichtteil haben.
  • Nur bestimmte Verwandte der Erblasser:innen sind pflichtteilsberechtigt.
  • Die Pflichtteilshöhe beträgt 50 Prozent der gesetzlichen Erbquote.
  • Mit einem Berliner Testament können Eltern ihre Kinder enterben. Diese erben erst dann, wenn beide Elternteile versterben.

Was ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteil ist eine finanzielle Mindestbeteiligung am Nachlass von Erblasser:innen. Er steht grundsätzlich nahen Verwandten bei Enterbung zu. Grundsätzlich schränkt der Pflichtteil die Entscheidungsfreiheit der Erblasser:innen ein, sodass diese nicht mehr ganz so frei über die Verteilung des Erbes entscheiden und Verwandte nicht nach Belieben gänzlich enterben können. Nun könnte man auf die Idee kommen, Vermögen zu verschenken, sodass der Pflichtteil am Ende kleiner ausfällt. Dies führt allerdings dazu, dass ein möglicher Pflichtteilsergänzungsanspruch für die betroffene Person besteht. Das Umgehen des Pflichtteils ist nur in Ausnahmefällen und unter engen Voraussetzungen möglich.

Höhe des Pflichtteils

Der Pflichtteil beträgt stets die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Die Berechnung muss jedoch immer anhand des Einzelfalls erfolgen, denn die Höhe hängt zusätzlich von weiteren Faktoren ab. Der Erbteil wird in den §§ 1922 bis 1934 BGB geregelt.

Folgendes Beispiel soll zur Verdeutlichung dienen: Ein:e Erblasser:in hinterlässt 2 Kinder A und B. A wurde zum / zur Alleinerb:in ernannt und B wurde enterbt. Nun macht B nach Eintritt des Erbfalls den Pflichtteil geltend. Weil B normalerweise 50 Prozent des Erbes erhalten hätte, läge die Pflichtteilsquote nun bei 25 Prozent.

Dadurch, dass B den Pflichtteil beantragt, verringert sich der Wert des Erbteils von A in wirtschaftlicher Hinsicht. Es bleibt auch nur bei der wirtschaftlichen Betrachtung, denn dies ändert grundsätzlich nichts daran, dass A Alleinerb:in ist und dies nach Beantragung auch bleibt. Durch die Belastung mit der Verbindlichkeit kommt es nur dazu, dass das Erbe weniger wert ist.

Etwas anders sieht es bei Ehegatt:innen aus. Der Pflichtteil eines / einer Ehegatt:in ist abhängig vom Güterstand, denn der gesetzliche Erbteil selbst ist ebenfalls vom Güterstand der Ehepartner:innen abhängig. Haben die Ehepartner:innen keinen Ehevertrag geschlossen, gilt der Güterstand einer Zugewinngemeinschaft. Durch diese Gemeinschaft ist der gesetzliche Erbteil stets um ¼ für den Zugewinnausgleich zu erhöhen. Das folgt aus § 1371 BGB. Gemäß § 1371 Abs. 3 BGB können Ehepartner:innen die Erbschaft ausschlagen und den Pflichtteil verlangen, anstatt das pauschale Viertel der Erbmasse als Zugewinnausgleich zu erhalten.

Für die konkrete Höhe des Pflichtteils ist das Vermögen der Erblasser:innen bei Eintritt des Erbfalls relevant. Hierbei ist immer der Nettonachlass maßgeblich. Das bedeutet, dass eventuelle Verbindlichkeiten abgezogen werden. Personen, die durch eine Verfügung von Todes wegen ausgeschlossen wurden, werden keine Rechtsnachfolger:innen der Erblasser:innen und somit auch keine Mitglieder der Erb:innengemeinschaft. Sie haben lediglich einen Anspruch auf Geld gegen den / die Erb:in, was aus § 2303 Abs. 1 S. 2 BGB folgt.

Die Rechtslage

Der Pflichtteil ist im deutschen Erbrecht gesetzlich im BGB normiert. Er soll nahen Angehörigen eine gesetzliche Mindestbeteiligung am Nachlass sichern, wodurch die in Deutschland eigentlich geltende Testierfreiheit eingeschränkt wird. Verwandte wie Eltern und Lebenspartner:innen können somit auch eine Teilhabe am Nachlass erhalten, obwohl sie durch das Testament der Erblasser:innen eigentlich enterbt wurden. Die Erblasser:innen umgehen durch die Enterbung in gewisser Weise die gesetzliche Erbfolge.

Wie bereits erwähnt, besteht der Pflichtteil aus der Hälfte des Wertes des hinterlassenen Vermächtnisses. Grundsätzlich richtet sich der Pflichtteilsanspruch auf die Zahlung eines Geldbetrags. Die Miterb:innen können den Anspruch nicht mit Sachwerten aus dem Nachlass erfüllen. Auch die Pflichtteilsberechtigten können die Erfüllung nicht durch Herausgabe bzw. Übereignung etwaiger Sachen aus der Erbschaft verlangen.

Sogar in verfassungsrechtlicher Hinsicht ist der Pflichtteil geschützt. Hierbei ist es eher nachrangig, ob der gesetzlich garantierte Pflichtteil die Eigentumsgarantie von Erblasser:innen beeinträchtigt, sondern es wird primär angenommen, dass die Zuerkennung des Pflichtteils in Deutschland als Wahrnehmung des Erbrechts gilt. Die Wahrnehmung des Erbrechts wiederum ist durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG in der Verfassung geschützt. Das Bundesverfassungsgericht sieht das Pflichtteilsrecht als Ausprägung des deutschen Verwandtenerbrechts an, was durch Artikel 14 des Grundgesetzes gewährleistet und geschützt wird. Gleichzeitig zählt es zum Ausfluss von Ehe und Familie, die ebenfalls verfassungsrechtlich geschützt werden – und zwar in Art. 6 Abs. 1 GG.

Pflichtteilsberechtigte Personen

Wer grundsätzlich pflichtteilsberechtigt ist, kann § 2303 BGB entnommen werden. Im 1. Absatz des Paragraphen ist zunächst von Abkömmlingen die Rede, die pflichtteilsberechtigt sind, sollte es zu einer Enterbung gekommen sein. Zu den Abkömmlingen zählen die Personen, die mit den Erblasser:innen in der sogenannten absteigenden Linie verwandt sind. Hiermit gemeint sind Kinder, Enkelkinder sowie auch Urenkelkinder. Von der Mutter wird gesprochen, wenn es um die Frau geht, die ein Kind zur Welt gebracht hat. Beim Vater setzt das Pflichtteilsrecht eine rechtliche Vaterschaft voraus.

Kinder

Kinder gelten immer als gesetzliche Erb:innen, weswegen ihnen auch ein Pflichtteil zusteht. Auch nichteheliche oder adoptierte Kinder zählen dazu, sodass auch sie ein Recht auf den Pflichtteil haben. Im Gegensatz dazu steht Stief- und Schwiegerkindern kein Recht auf einen Pflichtteil zu, denn sie sind von dieser Regelung ausgenommen und zählen somit nicht zu den Abkömmlingen im Sinne des § 2303 Abs. 1 BGB.

Enkel:innen und Urenkel:innen

Grundsätzlich ist es zwar möglich, dass Enkel:innen sowie Urenkel:innen einen Pflichtteil bekommen. Dafür ist es aber notwendig, dass sie auch gesetzliche Erb:innen wären. Gesetzliche Erb:innen werden sie nur dann, wenn beispielsweise das Kind der Erblasser:innen, von welchem das Enkelkind abstammt, nicht Erb:in wird. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn das besagte Kind der Erblasser:innen ebenfalls bereits verstorben ist. Hierbei ist zu beachten, dass der Pflichtteilsverzicht eines Kindes auch allgemein für die Abkömmlinge dieses Kindes gilt, sodass die (Ur-)Enkel:innen der Erblasser:innen automatisch mit ausgeschlossen sind.

Ehegatt:innen

In § 2303 Abs. 2 BGB ist geregelt, dass den Ehepartner:innen das gleiche Recht wie den Abkömmlingen aus Absatz 1 zusteht. Der / die überlebende Ehepartner:in hat somit ebenfalls einen Pflichtteilsanspruch, wobei die Höhe hier davon abhängt, wie viele Verwandte es noch gibt und wie es um den Güterstand steht, sprich ob es eine Zugewinngemeinschaft oder eine Gütertrennung gab. Das Pflichtteilsrecht entsteht, sobald die Ehe geschlossen ist und erlischt wieder mit der Scheidung der Ehepartner:innen.

Eltern

Neben den Ehegatten werden auch die Eltern in § 2303 Abs. 2 BGB genannt. Allerdings ist bei den Eltern genauso wie bei den (Ur-)Enkel:innen darauf zu achten, dass etwaige Pflichtteilsansprüche nur dann entstehen können, wenn die Eltern gesetzliche Erb:innen gewesen wären und ihnen diese Stellung durch die Erblasser:innen wieder genommen wurde. Im Hinblick auf die gesetzliche Erbfolge wird deutlich, dass die Eltern immer in Betracht kommen, wenn die Erblasser:innen keine Abkömmlinge hinterlassen haben.

Geschwister und sonstige Personen

Es kann in einigen Fällen zwar vorkommen, dass Geschwister ein gesetzliches Erbrecht haben – dennoch gehören Schwestern und Brüder nicht zum Kreis der in § 2303 BGB genannten Personen und haben somit keinen Anspruch auf einen Pflichtteil. Dass die Geschwister erben, kann somit einfach durch das Testament verhindert werden. Auch andere Verwandte wie Neffen und Nichten, Onkel und Tanten oder Cousins und Cousinen haben keinen Anspruch auf einen Pflichtteil. Für sämtliche sonstigen Personen, die als Erb:innen infrage kommen könnten, gilt genau dasselbe, denn auch sie haben keinen Anspruch auf einen Pflichtteil.

Berechnung des Pflichtteils

Die Berechnung des Pflichtteils scheint auf den ersten Blick nicht schwierig zu sein – allerdings kann es komplizierter werden, wenn es darum geht, den Wert des Nachlasses zu bestimmen. Im ersten Schritt muss die Pflichtteilsquote ermittelt werden, die grundsätzlich 50 Prozent der gesetzlichen Erbquote beträgt, soweit Erblasser:innen verstorben wären, ohne ein Testament zu hinterlassen.

Für die Höhe der Pflichtteilsquote kommt es demnach darauf an, ob die Erblasser:innen bis zu ihrem Tod verheiratet waren und wenn ja, in welchem Güterstand sie lebten. Und es kommt darauf an, wie viele Kinder Erblasser:innen hinterlassen. Damit der Pflichtteilsanspruch beziffert werden kann, ist es nötig, den Wert des Nachlasses zu ermitteln, welcher anschließend mit der Pflichtteilsquote multipliziert wird. Dabei ist auf den sogenannten Nettonachlass oder Reinnachlass abzustellen, welcher die Differenz zwischen Nachlasswert und Nachlassverbindlichkeiten darstellt.

Bewertung des Nachlasses und des vorhandenen Vermögens

Da die Höhe des Pflichtteilsanspruchs vom Wert des Nachlasses abhängig ist, müssen zunächst alle Vermögenswerte des Nachlasses bewertet werden. Von der Summe, die dabei herauskommt, werden alle von den Verstorbenen hinterlassenen Schulden abgezogen.

Besonderheiten ergeben sich in der Regel bei der Bewertung von Grundstücken und Immobilien. Diese Objekte werden im Normalfall anhand des Verkehrswerts bewertet. Der Verkehrswert ist der auf dem freien Markt erzielbare Geldwert des Objekts. Handelt es sich um ein selbst genutztes Einfamilienhaus oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung, geht man nach dem sogenannten Sachwertverfahren vor, welches sich an den Herstellungskosten der Immobilie orientiert. Die Herstellungskosten bilden ab, welche Kosten anfallen würden, wenn man das betreffende Haus oder die Wohnung zum jetzigen Zeitpunkt bauen würde. Im Nachgang muss das Alter des Hauses bzw. der Wohnung wertmindernd berücksichtigt werden.

Sollte ein Mietshaus zum Nachlass gehören, wird dieses mithilfe des Ertragswertverfahrens bewertet. Mit diesem Verfahren stellt man auf die erzielte Rendite des Hauses ab. Bei unbebauten Grundstücken vergleicht man die Kaufpreise benachbarter Grundstücke, um den Wert zu ermitteln. Der Wert orientiert sich also am sogenannten Bodenrichtwert.

Was muss vom Nachlass abgezogen werden?

Bestimmte Posten müssen für die Berechnung unweigerlich vom Nachlasswert abgezogen werden. Hierzu gehören grundsätzlich sämtliche Geldschulden von Erblasser:innen wie auch der eheliche Zugewinnausgleich, wenn der / die länger lebende Ehegatt:in Forderungen stellt. Tritt der Erbfall ein, entstehen gleichzeitig Kosten, beispielsweise für die Beerdigung. Auch diese Kosten sind abzuziehen. Dadurch, dass die länger lebenden Ehegatt:innen Möbel und andere Gegenstände aus dem Haushalt vorab behalten können, vermindert sich der Pflichtteilsanspruch der Abkömmlinge oder der Eltern von Erblasser:innen.

Was nicht vom Nachlass abgezogen wird

Daneben gibt es Posten, die man nicht vom Wert des Nachlasses abziehen darf. Unter anderem gehört der sogenannte „Dreißigste“ dazu. Hierbei geht es um Miet- und Unterhaltskosten für Personen, die mit den Erblasser:innen bis zu deren Tod zusammengelebt und von ihnen Unterhalt bezogen haben. Innerhalb der ersten 30 Tagen nach Eintritt des Todesfalls sind die Kosten von den Erb:innen bzw. der Erb:innengemeinschaft zu zahlen. Auflagen und Vermächtnisse, die Verstorbene im Testament verfügt haben, sind ebenfalls nicht abzuziehen.

Man mag meinen, dass die Erbschaftsteuer eine Nachlassverbindlichkeit darstellt und abgezogen werden kann. Dies ist jedoch grundsätzlich falsch. Steuerschulden, die zum Zeitpunkt des Todes von Erblasser:innen bereits bestanden, können wiederum vom Nachlasswert abgezogen werden.

Einforderung und Geltendmachung

Ist man pflichtteilsberechtigt und möchte den Pflichtteil einfordern, muss man sich dazu an den / die Erb:in bzw. die Erb:innengemeinschaft wenden. Die pflichtteilsberechtigte Person hat das Recht, bei den zuständigen Erb:innen eine Auskunft über die Höhe des Nachlasses einzuholen. Mithilfe dieser Information lässt sich dann die Höhe des Pflichtteils berechnen. Nach der schriftlichen Aufforderung haben Erb:innen diese Auskunft zu erteilen und ein entsprechendes Nachlassverzeichnis auszuhändigen. Ist dies geschehen und die Höhe ermittelt worden, kann der Pflichtteil nun eingefordert werden.

Zuständig für die Auszahlung ist der / die begünstigte Erb:in. Wird der Pflichtteil nicht ausgezahlt, kann in den meisten Fällen nur eine Klage Abhilfe schaffen. Infolgedessen prüft das zuständige Nachlassgericht die Ansprüche – sollten diese bestehen, ordnet das Gericht die Auszahlung des Pflichtteils an.

Dauer des Anspruchs und anfallende Kosten

Auch Pflichtteilsansprüche können verjähren. Dies geschieht nach Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren. Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres zu laufen, in welchem der Anspruch entstanden ist. Dies folgt aus § 199 Abs. 1 BGB. Hinzu kommt, dass die pflichtteilsberechtigte Person auch von der Enterbung erfahren haben muss, damit der Ablauf der Frist beginnen kann.

Kommt es so weit, dass der Pflichtteil eingeklagt werden muss, entstehen dabei teilweise hohe Kosten. Diese setzen sich aus den Gebühren für das Gericht und für Anwält:innen zusammen. Geht man von einem Pflichtteil von 12.000 Euro aus, kann es leicht passieren, dass Gebühren in Höhe von ungefähr 3.000 Euro für die genannten Positionen anfallen.

Entzug oder Beschränkung des Pflichtteils

In Extremfällen können Eltern ihre Kinder komplett enterben oder zumindest den Pflichtteil beschränken. Dazu muss das Vorhaben im Erbvertrag oder Testament unter der Anführung von Gründen ausdrücklich angeordnet werden. Die Hürden hierfür sind allerdings ziemlich hoch.

Gründe, die einen Entzug oder eine Beschränkung erlauben, liegen zum Beispiel dann vor, wenn sich Kinder eines schweren Verbrechens gegenüber den Erblasser:innen schuldig gemacht haben. Im schlimmsten Fall wäre dies die Tötung der Eltern. Zu den angeführten Verbrechen oder Vergehen können jedoch auch bereits Diebstähle oder Körperverletzung zählen.

Ein weiterer Grund kann darin bestehen, dass das betroffene Kind zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 1 Jahr ohne Bewährung verurteilt worden ist oder sich deshalb in psychiatrischer Unterbringung befindet. Den Erblasser:innen muss es im Einzelfall unzumutbar sein, der pflichtteilsberechtigten Person den Anteil zu hinterlassen. Hat das Kind dagegen beispielsweise nur den Kontakt abgebrochen, ist dies für eine komplette Enterbung nicht ausreichend.

Verzicht auf den Pflichtteil

Erb:innen können auf den ihnen zustehenden Pflichtteil auch verzichten. Dies geschieht durch einen Vertrag. Die verzichtende Person kann infolgedessen nicht mehr auf den Pflichtteil bestehen, wenn der Erbfall eintritt. Durch diesen Verzicht wird die Erbfolge selbst aber nicht verändert. Die Parteien können untereinander vereinbaren, ob nur auf einen Teil oder auf den ganzen Pflichtteil verzichtet werden soll. Der / die Verzichtende kann zusätzlich mit einer Abfindung entschädigt werden. Verpflichtend ist das aber nicht.

Sinnvoll ist das Vorgehen vor allem bei einem Berliner Testament von Ehegatt:innen, bei dem sich diese im Todesfall gegenseitig als Erb:innen einsetzen. Durch einen Erbverzichtsvertrag mit den Kindern stellen die Ehegatt:innen sicher, dass der / die überlebende Ehepartner:in abgesichert ist und sich nicht zusätzlich zum Todesfall mit Forderungen seitens der Kinder auseinandersetzen muss.

Vorgehen als Erb:in

Als Erb:in hat man keinen Anspruch auf den Pflichtteil, da man nicht enterbt wurde. Eine der Tatbestandsvoraussetzungen des § 2303 BGB ist nämlich, dass man von der Erbfolge ausgeschlossen worden sein muss. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Erbteil, der vermacht wurde, kleiner als die Hälfte des fiktiven Erbteils bei der gesetzlichen Erbfolge ist. Gehört man zum Kreis der Angehörigen, die pflichtteilsberechtigt sind, steht man in diesem Fall finanziell schlechter da, als wenn man enterbt worden wäre. Aus diesem Grund kann von den Miterb:innen die Differenz zwischen dem erhaltenen Erbteil und dem Erbteil verlangt werden, der gesetzlich vorgesehen ist.

Vorgehen als Enterbte:r

Als enterbte Person gilt es sich zu merken, dass man lediglich 3 Jahre Zeit hat, um den Pflichtteil einzufordern, da der Anspruch darauf nach Ablauf dieser Zeit verjährt. Tritt der Todesfall ein und es kommt heraus, dass man enterbt wurde, sollte man sich schnellstmöglich um den Pflichtteil kümmern. Der Pflichtteil ist bei den Erb:innen geltend zu machen und entsprechend einzufordern.

Enterbte Personen haben einen Anspruch auf Auskunft, anhand derer sie die Höhe des Pflichtteils berechnen können. Die Informationen, die man von den Erb:innen erhält, sind möglichst genau zu prüfen. Kommen die Erb:innen der Zahlungsaufforderung nicht nach, hilft meist nur noch die Einreichung einer Klage.

In einigen Fällen kann es sich zudem lohnen zu prüfen, ob eine Anfechtung Aussicht auf Erfolg hat. Umstände, die dazu führen, dass eine Enterbung unwirksam ist, sind zum Beispiel die fehlende Wirksamkeit des Testaments, ein Verstoß des Testaments gegen geltendes Recht oder dass die Enterbung aufgrund eines Irrtums oder Drohungen stattgefunden hat.

Fazit

Menschen, die per Testament enterbt wurden, sollten die Hoffnung nicht aufgeben und immer noch an ihren Pflichtteil denken. Der Pflichtteil verspricht den Enterbten trotzdem einen gewissen Anteil am Nachlass, der aber von dem / der Erb:in oder der Erb:innengemeinschaft selbstständig eingefordert werden muss.

Die konkrete Höhe des Pflichtteils richtet sich immer nach dem Wert des Nachlasses und der eigenen Pflichtteilsquote. Man sollte jedoch darauf achten, den Pflichtteil rechtzeitig einzufordern, da der Anspruch nach Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren hinfällig wird.

Obwohl der Pflichtteil einem bestimmen Personenkreis generell zusteht, kann es trotzdem dazu kommen, dass eine Person voll vom Erbe und vom Pflichtteil ausgeschlossen wird. Dies kann hauptsächlich dadurch geschehen, dass die ausgeschlossene Person eine schwere Straftat zulasten der Erblasser:innen begangen hat.

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Sercan Kahraman

Erstellt von

Sercan arbeitet seit 2020 als SEO- und Content-Experte in der Finanzbranche. Privat nahm er 2017 seine Finanzen selbst in die Hand, nachdem er erkannt hatte, dass ihm Produkte verkauft wurden, die nicht vorteilhaft für ihn, sondern für die Berater waren. Mit der Arbeit bei Onlinebanken.com möchte er vermeiden, dass auch andere diesen Fehler machen.

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Zuletzt aktualisiert am 9. Juli 2024

Kommentare

Du brauchst Hilfe?

Hier findest du Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen.

Wie hoch ist der gesetzliche Pflichtteil?

Der gesetzliche Pflichtteil beträgt immer 50 Prozent des gesetzlichen Erbteils.

Wie hoch ist der Pflichtteil für ein Kind?

Haben Erblasser:innen zum Beispiel 2 Kinder, beträgt die gesetzliche Erbquote pro Kind 50 Prozent. Somit beträgt die Pflichtteilsquote pro Kind 25 Prozent.

Wie hoch ist der Pflichtteil trotz Testament?

Der Pflichtteil beträgt trotzdem 50 Prozent des gesetzlichen Erbteils. Die konkrete Höhe richtet sich aber nach dem Nachlasswert und nach der Anzahl der erbberechtigten Personen.

Kann man sein eigenes Kind enterben?

Das ist grundsätzlich möglich, aber es sind hohe Hürden daran gestellt. Dass Kinder keinen Kontakt mehr zu Erblasser:innen wünschen, reicht beispielsweise nicht aus.

Wer zahlt die Anwaltskosten, wenn der Pflichtteil eingeklagt wird?

Muss der Pflichtteil eingeklagt werden, trägt grundsätzlich die unterlegene Partei sämtliche Kosten, somit auch die Anwaltskosten.

Wer hat Pflichtteilsansprüche?

Pflichtteilsberechtigt sind die Abkömmlinge von Erblasser:innen sowie unter Umständen auch Eltern und Ehegatt:innen.

Wie kann man den Pflichtteil umgehen?

Umgangen werden kann der Pflichtteil durch einen Pflichtteilsverzicht, durch Pflichtteilsstrafklauseln, durch einen Pflichtteilsverzug, durch Schenkungen an Dritte (wobei hier eventuell ein Pflichtteilsergänzungsanspruch entstehen kann), durch die Anrechnung des Pflichtteils, durch einen Erbverzicht, durch Eheschließung und Ehescheidung, durch die Änderung des ehelichen Güterstandes oder durch den Verkauf gegen Leibrente.