Der globale Aktienmarkt hat innerhalb der letzten 12 Monate rund 20 Prozent eingebüßt (MSCI World Index in Euro, Stand 23.09.2022). Angesichts hoher Inflationsraten und anziehender Zinsen sowie des andauernden Ukraine-Kriegs wird in den Medien und unter Anleger:innen die Wahrscheinlichkeit eines nahenden Aktien-Crashs diskutiert. Hedging (dt.: Absicherung) ist hierbei ein häufig gebrauchter Begriff, wenn es um den Schutz von Aktienvermögen geht. Bei uns erfährst du, was mit der Risikomanagementstrategie gemeint ist und wie bzw. ob sie funktioniert.
Das Wichtigste in Kürze
Hedging, abgeleitet vom englischen „to hedge“, beschreibt das Absichern von Kursschwankungsrisiken. Weitere aus dem Englischen übernommene Begriffe in diesem Zusammenhang sind Hedge (Deckungsgeschäft, Absicherungsgeschäft), hedgen (absichern) und Hedgefonds.
Hedging ist eine von mehreren Risikomanagementstrategien. Eine weitere bekannte Absicherungsstrategie ist Stop Loss, wobei es um automatische oder manuelle Verlustbegrenzung und Gewinnabsicherung geht.
Beim Hedging besteht das Ziel im Ausgleichen bzw. Glattstellen einer Position. Der Aufbau des Absicherungsgeschäfts erfolgt so, dass man mit einem Hedge zur gleichen Zeit in beide Marktrichtungen positioniert ist.
Beim Hedging geht es nicht vordergründig um die Absicherung einer Aktienposition direkt beim Kauf oder Leerverkauf. Als Handelsstrategie kommt es häufig erst zu einem späteren Zeitpunkt während der Haltedauer zum Einsatz.
Die Anwendung von Finanz-Hedging erstreckt sich auf unterschiedlichste Bereiche der Finanzwirtschaft. Hedge-Geschäfte umfassen mehr als die bloße Absicherung von Fremdwährungsrisiken.
Beim Rohstoff-Hedging werden Sicherungsgeschäfte auf Basis von Warentermingeschäften getätigt. Ziel ist die Minimierung von Preisrisiken bei globalen Handelswaren (Metalle, Energie, landwirtschaftliche Erzeugnisse).
Es geht um die Absicherung gegen Schwankungen der Zinsen und Kurse von Devisen, Geldmärkten und Wertpapieren. Gegen Schwankungen des Zinssatzes können u.a. Forwards, Zinsswaps oder Zinsoptionen abgeschlossen werden. Mit dem Abschluss von Devisenoptionen, Swapgeschäften, Optionen oder Futures kann Kursschwankungen begegnet werden.
Zahlreiche Unternehmen, die Rohstoffe wie Kupfer, Aluminium oder Baumwolle benötigen, kalkulieren ihre Produktion und Einnahmen auf der Basis eines bestimmten Rohstoffpreisniveaus. Damit die Kalkulation über einen längeren Zeitraum aufgeht, müssen sie sich per Hedge gegen bestimmte Kursschwankungen oder Preisrisiken absichern. Hierbei geht es in erster Linie um die Absicherung gegen einen Preisanstieg.
So wird beispielsweise mithilfe von Warentermingeschäften in steigende Kurse investiert. Falls der Rohstoffpreis nicht steigt, kann dieser zum gewünschten Preis gekauft werden. Sollte es zu einer Preiserhöhung kommen, kann der Gewinn aus dem Investment die höheren Bezugskosten ausgleichen.
Beim Hedgen von Devisen möchte man Risiken aus einer nachteiligen Veränderung eines Währungspaares absichern.
Die am häufigsten von Privatanleger:innen eingesetzten Hedging-Arten sind Full Hedging und Downside Hedging (Bestandsabsicherung).
Beim Full Hedging geht es um die vollständige Absicherung von Risiken einer Anlage oder eines Portfolios. Etwaige Währungsrisiken auszuschließen, bedeutet beim Full Hedging, den in einer ausländischen Währung investierten Geldbetrag insgesamt mittels Termingeschäft (Future, Forward) mit einer Hedge-Ratio von 1,0 (Verhältnis zwischen investiertem und abgesichertem Betrag) abzusichern.
Die Downside-Hedging-Strategie zur Bestandsabsicherung besitzt echten Versicherungscharakter. Gegen die Zahlung einer Versicherungsprämie wird ein Schutz gegen Kursverluste sichergestellt, ohne dass dies eine wesentliche Minderung der Chance auf Kursgewinne nicht sich ziehen würde.
Bei einer Bestandsabsicherung kann zwischen einer unmittelbaren Absicherung gegen ein akutes Risiko und einem „Pending Hedge“ unterschieden werden. Ein Pending Hedge wird erst bei Eintreten einer vorab bestimmten Situation ausgelöst.
Andere Hedging-Strategien zielen auf die Zukunftsabsicherung (Forward Hedging) ab, wobei es um den klassischen Einsatz von Terminkontrakten geht.
Eine wichtige Frage ist, worin die Motivation für einen Hedge liegt. Der Grund kann zum einen darin bestehen, dass du dich gegen etwas absicherst, sodass du vom Eintreten eines bestimmten Ereignisses nicht betroffen sein wirst. Zum anderen kannst du dich zugunsten eines Ereignisses absichern, an dessen Eintreten du interessiert bist.
Beim Hedging ist das vorrangige Ziel nicht die Gewinnerwirtschaftung, sondern die Eliminierung oder Begrenzung möglicher Verluste. Ein Hedge kann eine Position komplett oder zum Teil absichern. Teilweise Absicherung bedeutet, dass ein gewisser Verlust akzeptiert wird, während das Risiko im gewünschten Maß reduziert wird.
Diese Herangehensweise wäre beispielsweise angeraten, wenn Kursverluste durchaus möglich sind, die Wahrscheinlichkeit dafür aber sehr gering ist. Als Vorkehrung gegen Kursverluste würde man einen bestimmten Teil hedgen.
Es gibt keine starre Auslegung der Hedging-Definition. Das lässt ein flexibles Arbeiten zu. Den Umfang einer Absicherung kannst du jederzeit entsprechend des Bedarfs verändern.
Bist du der Meinung, dass das allgemeine Risiko zunimmt, erhöhst du den Hedge und damit die Höhe der Versicherung. Kommt es in der Folge zu einem erheblichen Abnehmen der Volatilität am Markt, wird mit dem Verkauf einiger Gegenpositionen reagiert.
Hedging wird allgemein als eine Form der Versicherung definiert. Für die vereinbarte Laufzeit wird eine bestimmte Gebühr fällig, die an den Broker oder eine Depotbank zu entrichten ist. Die Kosten der Versicherung gehen zulasten der Rendite. Ohne Rendite bleibt ein Hedge, wenn eine Position komplett glattgestellt ist.
Beim Hedging liegt der Fokus auf der Sicherheit. Wer seine Aktien gegen die Folgen eines etwaigen Börsencrashs absichert, büßt immer dann Gewinne ein, wenn die Preise trotz aller Crashprognosen steigen sollten.
Angenommen, du besitzt 100 Aktien eines Unternehmens, deren Preis bei 200 Euro liegt. Verkaufen möchtest du keine dieser Aktien. Deine Befürchtung ist, dass es bei längerem Halten zu einer Korrektur beim Kurs kommen wird.
Zur Absicherung kaufst du eine Put-Option bezogen auf deine Aktien mit einem Ausübungspreis von 170 Euro. Mit dem Bezahlen der Prämie sicherst du dir das Recht, Anteile zum vereinbarten Preis zu verkaufen.
Einen Monat stürzt der Aktienkurs wegen negativer Quartalszahlen ab und erreicht die Preismarke von 170 Euro. Mit dem Ausüben der Option verhinderst du etwaige Kursverluste.
Ein gleichbleibender oder steigender Aktienkurs dagegen hätte einen Verfall der Option zur Folge. Dein Verlust wären die gezahlten Optionen-Prämien. Ein Fortsetzen der Strategie würde den Kauf neuer Put-Optionen bedeuten.
Portfoliomanagement und Diversifikation finden üblicherweise in individuellen Anlageplänen Verwendung, wobei es hier um die Steuerung von Risiken und Renditen geht. Dies sind keine Absicherungsstrategien im Sinne von Hedging, denn es fehlt eine direkte negative Korrelation. Bewegungen bei Aktien und Anleihen müssen nicht unbedingt gleichzeitig in verschiedene Richtungen erfolgen. Vielmehr können sich die beiden Anlageklassen in die gleiche Richtung bewegen.
Stop Loss ist wie Hedging eine Risikoabsicherungsstrategie. Mit Stop Loss Limits lässt sich Risikomanagement so betreiben, dass Verluste begrenzt und /oder bereits erzielte Gewinne gesichert werden.
Mit einer Stop Loss Order kannst du deinem Broker oder einer Bank den Auftrag zum automatischen Verkauf eines Investments erteilen. Der Auftrag wird beim Erreichen des vorgegebenen Kurslimits bestens zum nächstmöglichen Kurs ausgeführt.
Mit einem Stop Loss erscheint der Ausstieg aus dem Markt unkomplizierter. Jedoch besteht bei der Ausführung der Order in einer stark volatilen Marktphase bestenfalls die Möglichkeit, dass es zu erheblichen Abweichungen zwischen Stop-Loss-Kurs und Verkaufspreis kommt. Je nach Broker und Börsenplatz kannst du neben Stop Loss Orders weitere Orderarten wie Trailling Stop Loss und Stop Loss Limit ausführen lassen.
Beim Hedging werden die verschiedensten Strategien verfolgt. Am häufigsten werden Absicherungsgeschäfte mit Derivaten wie Optionen und Futures sowie weiteren außerbörslichen Instrumenten wie Optionsscheinen oder CFDs durchgeführt. Optionen sind bei Anleger:innen als Absicherung beliebt. Wer bei seinem Broker Handel mit Optionen und Futures betreiben möchte, wird in der Regel aufgefordert, eine separate Handelsvereinbarung für diese Derivate abzuschließen und in diesem Zusammenhang den Nachweis bestimmter Qualifikationsanforderungen (Termingeschäftsfähigkeit) zu erbringen. Ein Vorteil von Optionen und Futures ist die Standardisierung, sodass sie an organisierten Börsenplätzen leicht handelbar sind.
Einzelne Aktienpositionen lassen sich durch Leerverkäufe absichern. Möglich ist der Leerverkauf bzw. das Short Selling bei ausgewählten Brokern und zahlreichen Banken. Diese verleihen Aktien gegen Gebühr an Privatanleger:innen. Eine Alternative zum klassischen Leerverkauf von Aktien bieten bei fast allen Brokern erhältliche Short-Zertifikate.
Noch einfacher und unter Umständen profitabler als über das klassische Leerverkaufsgeschäft lässt sich das Ganze beim CFD-Broker mit gehebelten Short-Wetten bewerkstelligen. Über ein CFD-Konto können Händler:innen mittels CFD-Kontrakten Positionen von Aktien über Indizes bis ETFs außerbörslich long und short handeln. Beispielsweise kann ein:e Händler:in, der / die Tesla-Aktien hält, einen CFD (Contract for Difference oder Differenzkontrakt) eröffnen, um sich gegen eine längerfristige Anlage in Tesla-Aktien abzusichern. Wenn der Kurs der Tesla-Aktie fällt, verliert der / die Anleger:in aufgrund der Abdeckung durch den CFD-Hedge nicht.
ETFs (Exchange Traded Funds) werden ähnlich wie Aktien gehandelt und sind effektive Instrumente, wenn es um die Verringerung von Auswirkungen der Volatilität der Märkte auf ein Anlagedepot geht.
Neben den mehr als 2.000 hierzulande zugelassenen ETFs, die einen Index nachbilden und der Risikostreuung im Portfolio dienen, gibt es Hedgefonds-ETFs für Absicherungszwecke. Daneben gibt es mit Dach-Hedgefonds spezielle Produkte zum Investieren in unterschiedliche Hedgefonds.
Die Absicherung verlangt von Hedger:innen das Eingehen von Kompromissen. Das betrifft einerseits die Kosten für das Eröffnen einer anderen Position. Andererseits geht die Absicherung mit einem Verlust an Wertsteigerung der zugrunde liegenden Position einher.
Mit Hedging wird das Ziel der Risikominderung verfolgt. Zu beachten ist, dass jeder Hedging-Ansatz bestimmte Vor- und Nachteile mit sich bringt.
Beim Hedging wird eine bestehende Position nicht automatisch oder manuell verkauft wie beim Stop Loss. Es wird lediglich eine Gegenposition zur bestehenden Position eingegangen.
Bei Hedging-Strategien zur Verlustbegrenzung werden häufig Optionen und Futures eingesetzt, deren Lebensdauer begrenzt ist. Beim Verkauf wird eine Prämie fällig, deren Höhe von Ablaufdatum, Assetkurs (Aktie oder anderer Vermögenswert) und der Volatilität beeinflusst wird.
Absicherungen können in volatilen Märkten teuer sein und sie sind Preisschwankungen ausgesetzt. Hedging wird nicht für Anleger:innen empfohlen, die nur eine Aktie absichern möchten. Grundsätzlich sind Renditechancen am Kapitalmarkt mit dem Eingehen von Risiken verbunden.
Für viele Unternehmen und professionelle Investor:innen können Hedging-Strategien ein Mittel zur Erfüllung von Zielen sein. Voraussetzung ist, dass sie über geeignete Mitarbeiter:innen mit notwendigen Fähigkeiten und Erfahrungen verfügen, die Hedging-Strategien erfolgreich umsetzen können.
Zum Hedging muss gegeben sein, dass die zur Absicherung verwendete Anlage einen Wertverlust erleiden kann oder keinen Nutzen aus der Wertsteigerung des Basiswerts ziehen kann.
Für einzelne Anleger:innen ist Hedging unter Umständen nicht die optimale Vorgehensweise. Einige Gründe, die dagegen sprechen, sind die Komplexität und das Kosten-Nutzen-Verhältnis.
Für die Mehrzahl der Anleger:innen spielt Hedging als Bestandteil ihrer Finanzaktivitäten keine Rolle. Es ist nicht anzunehmen, dass viele Anleger:innen beginnen, mit Derivaten zu handeln. Das gilt vor allem für jene, die mit einer langfristigen Strategie Vermögensbildung betreiben.
Für Langfristanleger:innen ist es die günstigere Lösung, bei ihren Investments auf den Faktor Zeit zu setzen. Eine breite Diversifizierung der Anlagen ermöglicht eine gewisse Risikobegrenzung, da so ein größerer Schutz vor den Risiken einzelner Aktien besteht. Diversifikation ist sicherlich keine Garantie gegen Verluste. Für die meisten Privatanleger:innen bildet sie aber wahrscheinlich ein effektiveres Risikomanagement im Vergleich zum Hedging.
Hedging ist bei Unternehmen und professionellen Händler:innen eine beliebte Methode im Rahmen von Absicherungsgeschäften. Ein Hedge im Aktiendepot bietet eine Versicherung gegen Kursverluste. Mit einem Absicherungsgeschäft können Anleger:innen eine Position vollständig glattstellen, sodass sie unabhängig von Auswirkungen durch Preisschwankungen sind.
Für Investor:innen bedeutet Hedging, bezogen auf die aktuelle Situation abzuwägen, was ihr Depot an Risiko aushält und wie viel Sicherheit nötig ist.
Bei langfristigen Anlagen könnte ein Hedge in Einzelfällen eine Option sein. Eine funktionierende Absicherung sorgt für mehr Ruhe in volatilen Marktphasen. Die möglichen Verluste sind höher als die vergleichsweise geringe Versicherungsgebühr.
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Hier findest du Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen.
Hedging wird seit vielen Jahren von Unternehmen und Großanleger:innen wie Banken und Versicherungen genutzt. Häufig kommen dabei Derivate wie Optionen und Futures als Mittel zur Absicherung und spezielle derivative Instrumente zur Ertragsvermehrung zum Einsatz.
Beim Hedging handelt es sich um ein Absicherungsgeschäft. Im Zusammenhang mit Transaktionen an der Börse geht es um die Absicherung von Wertpapierportfolios oder Einzelpositionen gegen fallende Kurs unter Einbeziehung von Derivaten.
Das Absichern einer Aktie geschieht über den Kauf eines Vermögenswertes, dessen Bezugsbasis die gleiche Aktie ist und der sich gegenläufig bewegt. Ein geeignetes Absicherungsinstrument können Derivate wie Optionen und Futures oder eine leerverkaufte Aktie sein.
Hedging-Strategien verwenden häufig Optionen und Futures, um Verluste zu begrenzen. Optionen und Futures haben eine begrenzte Lebensdauer und werden mit einer Prämie verkauft. Die Prämien werden durch das Ablaufdatum, den Preis der Aktie oder eines anderen Vermögenswertes und die Volatilität beeinflusst.
Hedging ist eine Strategie, um in fallenden Aktienmärkten nichts bzw. weniger zu verlieren oder Geld zu verdienen. Dauerhaftes Hedging ist weniger sinnvoll, da eine Absicherung kein Wachstum hervorbringt. Ob der Hedge für potenzielle Abwärtsmarktphasen aufgeht, ist nicht sicher. Im Vorhinein weiß man nicht, ob sich eine Kurskorrektur zu einem Börsencrash auswächst oder der Kurs unmittelbar danach wieder steigt.