Wenn du auf eine Immobilie mit einem sehr günstigen Kaufpreis stößt, könnte das mit einem besonderen Nutzungsrecht des dazugehörigen Grundstücks zusammenhängen. Bei einem Grundstück mit Erbpacht erwirbst du nur das Haus. Der Boden wird gepachtet. Du zahlst für die Nutzung auf Zeit einen bestimmten Erbpachtzins. Wir erklären dir, worauf du bei Erbpacht bzw. beim Erbbaurecht achten solltest.
Das Wichtigste in Kürze
Erbpacht bzw. Erbbaupacht ist ein Begriff, der umgangssprachlich für Erbbaurecht Verwendung findet. Korrekt ist die Begriffsverwendung rein formell nicht. Bei der Erbpacht handelt es sich um eine entgeltliche Nutzung landwirtschaftlichen Grundbesitzes, die in dieser Form 1947 abgeschafft wurde.
Ein Erbbaurecht bedeutet, dass du ein Haus auf einem fremden Grundstück errichtest und nutzt. Die zu entrichtende Nutzungsgebühr ist der sogenannte Erbbauzins. Mit einem Erbbaurecht erhält der jeweilige Inhaber:in das Recht, ein Gebäude auf einem fremden Grundstück zu errichten und/oder für seine Zwecke entsprechend zu unterhalten.
Der Grundstücksinhaber:in gewährt ein Nutzungsrecht für das Grundstück, wobei die Laufzeit des Erbbaurechts durch das vereinbarte Erbbaurecht begrenzt ist. Erbbauberechtigte zahlen dem Grundstückseigentümer:in monatlich oder jährlich den vereinbarten Erbbauzins als eine Art Nutzungsgebühr bzw. Miete.
Grundsätzlich bedarf ein Erbpachtvertrag eine notarielle Beurkundung. Das Erbbaurecht und weitere wesentliche Vertragsinhalte (belastetes Grundstück und jeweilige(r) Eigentümer(in)/*innen, Erbbauberechtigte, Erbbauzins) werden ins Grundbuch bzw. Erbbaugrundbuch eingetragen. Das Erbbaurecht kann von Erbbauberechtigten verkauft, vererbt oder beliehen werden.
Der Begriff Erbpacht wird als Synonym für Erbbaurecht verwendet. Die gesetzlichen Grundlagen für das Erbbaurecht sind im Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) ausgeführt. Erbbaurecht-Verträge haben eine Laufzeit von 60 bis 99 Jahre.
Wer ein Erbpachtgrundstück erwirbt, verpflichtet sich dem Erbbaurechtgeber:in gegenüber einen Erbbauzins zu entrichten (§ 9 Abs. 1 ErbbauRG). Dieser Zins wird bei Vertragsbeginn auf der Basis des aktuellen Grundstückswertes bestimmt. Die Grundlagen und Zeiträume für weitere Anpassungen sowie die Laufzeit der Erbpacht werden ebenfalls im Erbbaurechtsvertrag festgehalten.
In Regionen mit hohen Grundstückspreisen erscheint Erbbaurecht oftmals als Option, da ein Kauf des Grundstücks nicht zu finanzieren ist. Es handelt sich sicherlich um eine interessante Option, allerdings gibt einige Stolpersteine zu beachten.
Das Erbbaurecht endet mit Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit. Der Vertrag kann bei entsprechender Einigung verlängert werden. Entsprechende Verlängerungsoptionen im Erbbaurechtsvertrag können den Prozess vereinfachen.
Wenn du ein Haus bauen willst, musst du kein eigenes Grundstücks besitzen, auf dem das Gebäude errichtest. In Zeiten hoher Grundstückspreise und wo Grundstücke in guten Lagen kaum zu bezahlen sind, kann Erbbaurecht eine Option sein.
Gemäß dem seit über 100 Jahren in Deutschland gesetzlich geregelten Erbbaurecht darf ein Grundstückseigentümer:in dem bzw. der Erbbauberechtigten das Recht gewähren, auf dem Grundstück ein Bauwerk zu errichten und/oder zu unterhalten.
Erbbaugeber:innen sind in Deutschland vor allem Städte und Gemeinden. Auch bei den Kirchen in Deutschland ist die Gewährung von Erbbaurechten beliebt. Sie gehören zu den größten Grundbesitzern hierzulande. Am Verkaufen von Grundstücken oder Land sind sie kaum, dafür an eine Belastung mit Erbbaurechten interessiert. Bauträger, Vereine, Stiftungen und private Grundstückseigentümer:innen kommen ebenfalls als Erbbaugeber:innen in Frage.
Ein Erbpachtvertrag kann dann wirksam errichtet werden, wenn Mindestanforderungen nach § 1 Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) entsprochen wird. Das heißt, dass sich das Erbbaurecht auf ein Bauwerk erstreckt. Bauwerke sind nicht nur Häuser. Das können ebenso Brücken, Tiefgaragen, Golfplätze oder Windenergieanlagen sein.
Die vertraglichen Regelungen dürfen keine Einschränkungen hinsichtlich einer Veräußerlichung oder Vererbbarkeit des Erbbaurechts enthalten. Gemäß Erbbaurechtsgesetz ist Erbpacht grundsätzlich veräußerlich und vererblich.
Grundstückseigentümer:in und Erbbauberechtigte(r) / Bauherren können den anzuwendenden Inhalt des Erbbaurechts individuell vereinbaren.
Dieser vertragsgemäße Inhalt wird im Grundbuch eingetragen. Er gilt nicht nur für Grundstückseigentümer:in und Erbbauberechtigte(r), sondern auch gegenüber Dritten.
Dritter könnte ein neuer Grundstückseigentümer:in sein, nachdem das Grundstück verkauft wurde. Unter die Gültigkeit würde ebenso ein neuer Erbbauberechtigte(r) fallen, nachdem das Erbrecht veräußert oder verschenkt wurde.
Im Erbpacht-Vertrag sollten Aussagen getroffen bzw. Regelungen enthalten sein u.a. zu(r):
Festzuhalten ist unter Errichtung die Art zu errichtender Gebäude oder die Frist für die Durchführung des Bauvorhabens. Örtliche Bauvorschriften sind bindend, sie haben Vorrang vor Regelungen im Erbbaurechtsvertrag.
Gegenüber dem/der Grundstückseigentümer:in können durch Erbbauberechtigte Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden. Das kann die Größe, Bodenbeschaffenheit und Sachmängelfreiheit betreffen. Der Grundstückseigentümer:in kann einen Ausschluss jeglicher Gewährleistungsansprüche vereinbaren. Versteckte Mängel, die bekannt sind, dürfen nicht verschwiegen werden. Sollte das der Fall sein, wäre eine Anfechtung des Erbpachtvertrags wegen arglistiger Täuschung möglich.
Vertragsparteien können die Laufzeit des Erbbaurechts frei vereinbaren. Üblich sind Laufzeiten über mehrere Jahrzehnte. Eine Rolle dabei spielen Nutzung des erbauten Gebäudes sowie die voraussichtliche Nutzungsdauer. Bei gewerblich genutzten Erbbaurechten werden Laufzeiten im Bereich von 40 und 50 Jahren vereinbart. Längere Laufzeiten gibt es bei zu errichtenden Wohnhäusern. Hier sind häufig Vertragsdauern von 75 bis 99 Jahren anzutreffen.
Eine Verlängerung des Erbbaurechts ist möglich. Eine Verlängerungsoption würde den bisher Erbbauberechtigten ein Vorrecht auf ein erneutes Erbbaurechts einräumen. Damit ließe sich verhindern, dass das Erbbaurecht nicht verlängert wird und einem Dritten zuteilwird.
Der Erbbauzins wird in seiner Höhe und hinsichtlich der Zahlungsintervalle (monatliche, quartalsweise, jährliche Pachtzinszahlung) geregelt. Auch Details zu Anpassungen des Erbbauzinses sollten aufgeführt werden.
Der Erbbauzins kann vom Grundstückseigentümer:in nicht beliebig verändert werden, da dieser an den sogenannten Verbraucherpreisindex gekoppelt wird. Notwendig für eine Anpassung ist eine Veränderung des vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Index. Etwaige Wertsteigerungen des Grundstücks haben keinerlei Einfluss auf die Höhe desErbbauzinses.
Zustimmungsvorbehalte bieten dem/der Grundstückseigentümer:in die Möglichkeit, Veränderungen am Eigentum zuzustimmen. Über zusätzliche Bauten, abweichend von den Vereinbarungen, müsste gesondert eine Einigung erzielt werden. Ein Zustimmungsvorbehalt kann für den Verkauf des Erbbaurechts und Hypotheken gelten. Erbbauberechtigte haben das Recht, notfalls das zuständige Amtsgericht anzurufen. Das Gerichtsurteil würde eine verweigerte Zustimmung des Erbbaugebers bzw. der Erbbaugeberin ersetzen.
Die Berechnung der Erbpacht folgt keinem einfachen Schema. Meist erfährt der vereinbarte Erbbauzins alle fünf Jahre inflationsbedingt eine Anpassung. Die reale Inflationsentwicklung ist die große Unbekannte, die sich nur schwer vorhersagen lässt. Ein Kalkulieren über einen Zeitraum von fast 100 Jahren ist praktisch nicht möglich. In den letzten 30 Jahren (seit 1991 – 2021) hat der Verbraucherpreisindex in der Summe um fast 50 Prozent zugelegt.
Ein Beispiel:
Erbpachtvertrag läuft 99 Jahre, mittlerer Erbbauzins 2 bis 4 Prozent, Grundstückspreis 200.000 Euro)
mittlerer Erbbauzins 2 Prozent | mittlerer Erbbauzins 3 Prozent | mittlerer Erbbauzins 4 Prozent | |
Nach 1 Jahr bezahlt: | 4.000 € | 6.000 € | 8.000 € |
Nach 10 Jahren bezahlt: | 40.000 € | 60.000 € | 80.000 € |
Nach 20 Jahren bezahlt: | 80.000 € | 120.000 € | 160.000 € |
Nach 30 Jahren bezahlt: | 120.000 € | 180.000 € | 240.000 € |
Nach 40 Jahren bezahlt: | 160.000 € | 240.000 € | 320.000 € |
Nach 50 Jahren bezahlt: | 200.000 € | 300.000 € | 400.000 € |
Nach 60 Jahren bezahlt: | 240.000 € | 360.000 € | 480.000 € |
Nach 80 Jahren bezahlt: | 300.000 € | 480.000 € | 560.000 € |
Nach 99 Jahren bezahlt: | 396.000 € | 554.000 € | 792.000 € |
Diese Beispielrechnung zeigt, dass du bei einem mittleren Erbbauzins von 4 Prozent in 50 Jahren für das Erbpachtgrundstück das Doppelte an Erbbauzins bezahlst wie den eigentlichen Grundstückswert. Und du bist trotzdem kein Eigentümer geworden.
Beispiel 2:
Ob sich Kauf eines Hauses auf einem Erbpachtgrundstück lohnt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, zum einen die Restdauer des Erbpachtvertrages und zum anderen der Erbbauzins.
Angenommen, ein freistehendes Haus wird für 500.000 Euro angeboten. Das Grundstück ist 2.000 qm groß in einer mittleren Lage. Der Bodenrichtwert liegt bei 200 Euro pro qm. Die 400.000 Euro für das Grundstück entfallen. Der Erbbauzins beträgt in unserem Beispiel bei Kauf 2.000 Euro und der Vertrag läuft noch 50 Jahre. Der Erbbauvertrag wird vom Alteigentümer:in übernommen und nicht neu für die Dauer von 99 Jahren abgeschlossen. Eine Anpassung des Erbpachtzinses auf Basis des deutschen Verbraucherpreisindex wird alle 5 Jahre vorgenommen.
Ein Ansteigen des Verbraucherindex um zwei Prozent pro Jahr würde nach fünf Jahren eine Anpassung des Pachtzinses um 200 Euro auf 2.200 Euro zur Folge haben.
Die weiteren Anpassungen alle fünf Jahre zu jeweils 10 Prozent würden ab 45 Jahren eine jährliche Pachtsumme von 4.715 Euro ergeben. Insgesamt hättest du während der 50-jährigen Vertragslaufzeit rund 159.300 Euro an Erbbauzins gezahlt. Das Haus einschließlich Grundstücksnutzung hätte dich 659.300 Euro gekostet. Ein Kauf von Haus mit Grundstück hätte um 900.000 Euro gekostet. Die Differenz von 240.700 Euro hättest du gespart.
Bauherren oder Käufer:innen eines Hauses mit Erbbaurecht werden mit bestimmten Vorteilen und Nachteilen konfrontiert. Die langfristige Perspektive bzw. der Zweck der Erbpacht entscheidet darüber, welche Seite im Einzelfall überwiegt.
Erbpacht – auf die langfristige Perspektive kommt es an
In Deutschland sind die Preise für Bauland in den letzten Jahren stark gestiegen. Hinzu kommt, dass der Bedarf vielerorts die Nachfrage übersteigt. Die Erbpacht könnte eine Alternative zum Erwerb eines Grundstücks sein. Dafür sprechen günstigere monatliche Belastung und schnellere Tilgungszeit. Begrenzte Wertsteigerung und Einschränkungen beim Vererben sind einige Nachteile
Erbpacht könnte sich lohnen, wenn du ein Haus mit geringem Eigenkapital für eigene Wohnzwecke kaufst. Eine spätere Weitergabe nicht von Interesse ist. Weniger sinnvoll ist die Erbpacht für die Kapitalanlage oder wenn das Vererben der Immobilie angestrebt wird.
Genaues Durchrechnen ist vor Abschluss eines Erbpachtvertrages notwendig. Außerdem sollten die Vorteile und Nachteile (Kosten durch öffentliche Lasten und Abgaben, Erbbauzinsanpassung) miteinander abgewogen werden.
Im Laufe von 2022 hat der Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts erhebliche Veränderungen erfahren. Die durchschnittliche Inflationsrate liegt bei fast 8 Prozent. Ein stärkeres Ansteigen des Erbbauzinses würde erheblich mehr Kosten für ein Haus auf einem Erbpachtgrundstück bedeuten.
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Hier findest du Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen.
Wenn du ein Gebäude günstig kaufen möchtest und keinen großen Wert auf eine Weitergabe legst, lohnt sich ein Haus auf einem fremden Grundstück. Dadurch das die Kosten für einen Grundstückskauf entfallen, wird die Finanzierung erschwinglicher und man ist schneller schuldenfrei.
Eine Erbpacht-Laufzeit für Wohngebäude von nur 30 Jahre ist wegen der geringen Nutzungsdauer und einer möglicherweise erschwerten Finanzierung nicht sinnvoll. Letztendlich kommt es auf den verfolgten Zweck, den Gebäudepreis und Erbpachtzins an.
Alle im Grundbuch eingetragenen Grundstücke können von privaten und juristischen Eigentümer:innen (darunter: Kommunen, Kirchen, öffentliche Einrichtungen, Unternehmen sowie Stiftungen) verpachtet werden.
Für die Dauer des Erbbaurechtsvertrages ist ein Haus das Eigentum des Erbbauberechtigten, abgesichert durch eine Eintragung im Grundbuch. Er darf das Gebäude umbauen, erweitern oder vermieten; je nach Vertrag mit und ohne Zustimmung jeweiliger Grundstückseigentümer:innen.
Erbpacht (juristischer Begriff Erbbaurecht) bedeutet, dass auf Erbpachtland gebaut wird, ohne dass das jeweilige Grundstück gekauft wird. Vielmehr wird es zeitlich begrenzt gepachtet (gemietet). Übliche Laufzeiten bei Wohngebäuden sind 60 bis 99 Jahre.
Hast du auf einem Grundstück mit Erbbaurecht ein Wohnhaus gebaut oder gekauft, kannst du bei Vermietung der Immobilie die Erbbauzinsen als Werbungskosten geltend machen. Bei einer Eigennutzung der Immobilie entfällt diese steuerliche Begünstigung. Die Ausgaben für das Erbbaurecht trägst du selbst.