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Die Psychologie des Sparens: Warum Tagesgeldkonten auch in Niedrigzinsphasen beliebt sind

In Zeiten, in denen Zinsen auf Sparanlagen niedrig sind, könnte man meinen, dass Anlagen wie Tagesgeldkonten an Attraktivität verlieren. Dennoch erfreuen sich diese Konten nach wie vor großer Beliebtheit, besonders bei sicherheitsorientierten Anleger:innen. Warum ist das so? Die Antwort liegt nicht nur in ökonomischen Faktoren, sondern vor allem in psychologischen Motiven, die das Sparverhalten von Menschen maßgeblich beeinflussen.

Eine Frau legt Münzen in ihr Sparschwein

Was macht das Tagesgeldkonto so attraktiv – trotz niedriger Zinsen?

Ein Tagesgeldkonto bietet in der Regel nur eine relativ geringe Rendite. Trotzdem entscheiden sich viele Anleger:innen bewusst dafür, ihr Geld dort zu parken. Die Erklärung besteht aus einem Mix von Flexibilität, Sicherheit und psychologischem Komfort.

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Sicherheit geht vor

In unsicheren Zeiten, sei es durch wirtschaftliche Krisen, politische Instabilität oder persönliche Veränderungen, steigt das Bedürfnis nach Sicherheit. Tagesgeldkonten unterliegen in Deutschland der gesetzlichen Einlagensicherung bis zu 100.000 Euro pro Person und Bank. Dieses Sicherheitsversprechen spricht vor allem risikoaverse Anleger:innen an, die weniger an der Maximierung ihrer Rendite als am Erhalt ihres Vermögens interessiert sind.

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Liquidität schafft Kontrolle

Tagesgeld bedeutet ständige Verfügbarkeit. Das Geld ist täglich abrufbar, ohne Kündigungsfristen oder Verluste. Diese Flexibilität schafft ein Gefühl von Kontrolle – ein bedeutender psychologischer Faktor. Anleger:innen wollen nicht das Gefühl haben, auf ihr eigenes Geld nicht zugreifen zu können.

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Planbarkeit und Übersicht

Ein Tagesgeldkonto ist einfach strukturiert, gut überschaubar und leicht zu nutzen. Für viele Menschen ist das ein wichtiges Argument, da komplizierte Finanzprodukte eher zu Unsicherheit und Inaktivität führen. Wer seine Anlage versteht, fühlt sich sicherer, auch wenn die Rendite gering ist.

Welche psychologischen Effekte beeinflussen die Entscheidung für ein Tagesgeldkonto?

Das Sparverhalten wird stark von psychologischen Faktoren bestimmt, die oft unbewusst wirken. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf einige dieser Effekte.

Verlustaversion

Die sogenannte Verlustaversion ist ein zentrales Konzept in der Verhaltensökonomie. Menschen empfinden den Schmerz über Verluste deutlich intensiver als die Freude über gleich hohe Gewinne. Ein Tagesgeldkonto minimiert die Gefahr von Verlusten und damit das unangenehme Gefühl, das viele mit riskanteren Anlagen verbinden.

Status quo Bias

Anleger:innen tendieren oft dazu, bei der gewohnten Anlageform zu bleiben, auch wenn andere Alternativen theoretisch attraktiver wären. Das Tagesgeldkonto ist für viele die erste Anlaufstelle beim Sparen und wird es oft auch bleiben, selbst wenn sich der Markt verändert.

Mental Accounting

Viele Menschen führen in ihrem Kopf eine Art Buchhaltung. Das Tagesgeldkonto erfüllt dabei oft die Rolle des „Notgroschens“ oder des „Sicherheitspolsters“. Es wird getrennt von anderen Finanzzielen betrachtet und erfüllt eine klar definierte Funktion: kurzfristige Sicherheit. Dafür ist man bereit, auf Zinsen zu verzichten.

Gefühl von Kontrolle

Investitionen in Aktien oder Fonds unterliegen Schwankungen, auf die man keinen direkten Einfluss hat. Beim Tagesgeldkonto hingegen fühlt man sich als „Herr:in des Kontos“. Es gibt keine bösen Überraschungen, keine Kursschwankungen. Das schafft Vertrauen.

Warum greifen viele Anleger:innen lieber zu Tagesgeld als zu Aktien oder Fonds?

Es gibt eine Reihe von Gründen, warum sich viele Anleger:innen trotz im Durchschnitt deutlich geringerer Rendite für ein Tagesgeld und gegen Aktien oder Fonds entscheiden. Die wichtigsten sind:

  • Vertrauensdefizit in die Märkte: Nicht alle Menschen trauen dem Kapitalmarkt. Schwankungen und Krisenmeldungen in den Medien verstärken diese Skepsis. Selbst bei langfristig positiven Renditechancen meiden viele das Risiko, besonders wenn ihnen finanzielle Bildung fehlt.
  • Komplexitätsvermeidung: Finanzmärkte sind komplex, Produkte wie Fonds oder Anleihen schwer durchschaubar. Das Tagesgeldkonto hingegen ist selbsterklärend. Für viele bedeutet weniger Komplexität weniger Risiko. Das ist zwar ein Irrtum, der aber tief verwurzelt ist.
  • Kurzfristiger Anlagehorizont: Wer sein Geld kurzfristig benötigt, zum Beispiel für einen geplanten Autokauf oder eine anstehende Reise, wird weniger in langfristige, schwankungsanfällige Produkte investieren. Tagesgeld eignet sich für kurzfristige Ziele hervorragend.

Wie beeinflussen emotionale Erfahrungen das Sparverhalten?

Emotionale Erlebnisse prägen unser Verhalten langfristig, auch in finanziellen Fragen. Hat jemand in der Vergangenheit zum Beispiel mit Aktien Geld verloren, wird diese Person eher zu konservativen Anlageformen tendieren.

Tagesgeld erscheint dann als sicherer Hafen, auch wenn sich die Märkte inzwischen erholt haben. Wer in einem Umfeld aufwächst, in dem über Geld nicht gesprochen oder Sicherheit großgeschrieben wird, wird sich mit risikobehafteten Anlagen schwerer tun.

Das Tagesgeldkonto erfüllt dann oft die traditionellen Vorstellungen vom „guten“ Sparen. Finanzielle Entscheidungen können emotional belastend sein.

Die Wahl eines Tagesgeldkontos reduziert diese Belastung. Keine Kursbeobachtung, keine Wertschwankungen: das beruhigt viele Anleger:innen.

Welche Rolle spielt Vertrauen in Banken und Systeme?

Das Vertrauen in die Stabilität deutscher Banken in Kombination mit der Einlagensicherung macht Tagesgeldkonten besonders attraktiv. Anleger:innen wollen sich nicht mit der Bonität von Unternehmen oder Ländern auseinandersetzen, sie vertrauen lieber dem staatlich gesicherten System. Ein Tagesgeldkonto ist zudem transparent. Es gibt keine versteckten Gebühren oder schwer verständliche Bedingungen. Diese Klarheit fördert das Vertrauen und reduziert die emotionale Barriere bei der Entscheidung.

Wie können Tagesgeldkonten sinnvoll in eine langfristige Anlagestrategie eingebunden werden?

Auch wenn Tagesgeldkonten nur eine geringe Rendite bieten, können sie sinnvoll Teil einer Gesamtstrategie sein, vor allem als Liquiditätsreserve. Wer sein Vermögen aufteilt, zum Beispiel in Tagesgeld, ETFs und Altersvorsorgeprodukte, schafft eine ausgewogene Balance zwischen Sicherheit, Wachstum und Verfügbarkeit. Das Tagesgeldkonto ist dabei ideal für:

  • Notfallrücklagen (3–6 Monatsgehälter)
  • Kurzfristige Ziele (Urlaub, Anschaffungen)
  • Zwischenparken von Kapital (z. B. vor Immobilienkauf)

Durch diese bewusste Trennung emotional aufgeladener Geldzwecke („Notfallgeld“) von langfristigen Investitionen können Anleger:innen ihre Entscheidungen ruhiger und fundierter treffen.

Fazit: Sicherheit ist ein psychologisches Grundbedürfnis

Tagesgeldkonten bieten Sicherheit, Kontrolle und Übersicht. Da sind Faktoren, die viele Anleger:innen emotional ansprechen, selbst wenn die wirtschaftliche Logik eine andere Sprache spricht. Die Psychologie des Sparens zeigt deutlich: Es geht nicht nur um Zahlen und Renditen, sondern auch um Vertrauen, Gewohnheit und das Bedürfnis nach Kontrolle. Anstatt Tagesgeld als „ineffizient“ zu verurteilen, sollte es als das gesehen werden, was es ist: Ein Instrument der finanziellen Selbstbestimmung und ein Baustein im psychologisch ausgeglichenen Finanzplan.

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Oliver Schoch

Erstellt von

Oliver ist gelernter Bankkaufmann und war ab 1995 in mehreren Banken tätig. Seit Mitte 2008 ist er freiberuflicher Finanz-Redakteur. Oliver schreibt zu zahlreichen Finanzthemen wie Geldanlage, Vermögensaufbau, Trading, Immobilien, Versicherungen und Krediten, von Fachtexten über Ratgeber bis hin zu Erfahrungsberichten.

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Zuletzt aktualisiert am 22. Mai 2025

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Hier findest du Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen.

Warum bevorzugen viele Menschen Sicherheit vor Rendite?

Viele Anleger:innen haben eine tief verankerte Verlustangst. Selbst kleine Schwankungen an den Finanzmärkten erzeugen Unbehagen. Tagesgeldkonten bieten eine hohe Sicherheit, weil das Guthaben in der Regel durch die Einlagensicherung geschützt ist. Diese Sicherheit schafft Vertrauen und reduziert das Gefühl von Risiko. Wer sein Geld „sicher geparkt“ weiß, kann besser schlafen. Das ist ein psychologischer Vorteil, der oft mehr wiegt als ein möglicher Ertrag.

Welche Rolle spielt die Kontrolle über das eigene Geld?

Ein Tagesgeldkonto vermittelt das Gefühl von Kontrolle. Das Geld ist täglich verfügbar, es gibt keine Laufzeiten oder Kündigungsfristen. Du kannst jederzeit auf dein Erspartes zugreifen, was ein Gefühl von Selbstbestimmung erzeugt. Viele Menschen empfinden dieses Gefühl als beruhigend, besonders in unsicheren Zeiten oder bei finanziellen Engpässen. Die Flexibilität wird daher als ein großer Vorteil wahrgenommen.

Warum schieben viele Menschen riskantere Geldanlagen auf?

Risiko bezieht sich nicht nur auf Geld, sondern auch auf Unsicherheit im Entscheidungsprozess. Komplexe Finanzprodukte wirken auf viele Anleger:innen überfordernd. Anstatt eine möglicherweise falsche Entscheidung zu treffen, wählen viele den vertrauten Weg: das Tagesgeldkonto. Es braucht keine Vorkenntnisse, keine Beratung, keine Marktanalyse und das reduziert mentale Hürden.

Was hat die sogenannte „Verlustaversion“ mit der Beliebtheit von Tagesgeld zu tun?

Die Verlustaversion beschreibt das Phänomen, dass Verluste emotional stärker wirken als gleich hohe Gewinne. Wer beispielsweise 1.000 Euro verliert, empfindet diesen Verlust schmerzhafter, als sich über 1.000 Euro Gewinn zu freuen. Tagesgeldkonten vermeiden dieses Risiko von Verlusten, was sie für verlustaverse Menschen besonders attraktiv macht.

Warum spielt Gewohnheit beim Sparverhalten eine so große Rolle?

Viele Menschen übernehmen Spargewohnheiten aus dem Elternhaus oder behalten einmal etablierte Muster bei. Wer schon früh gelernt hat, regelmäßig Geld auf ein Sparkonto zu überweisen, wird diese Routine nicht leicht aufgeben, selbst wenn die Zinsen kaum Ertrag bringen. Gewohnheiten geben Struktur und Sicherheit, was in einem zunehmend komplexen Finanzumfeld beruhigend wirkt.

Welche Rolle spielt Transparenz für das Vertrauen in Finanzprodukte?

Tagesgeldkonten sind verständlich aufgebaut: Ein fester Zinssatz, keine versteckten Gebühren, jederzeit einsehbarer Kontostand. Diese Transparenz wird geschätzt, weil sie Vertrauen schafft. Komplizierte Anlageprodukte mit schwer durchschaubaren Risiken und Bedingungen lösen oft Skepsis aus. Wer das Gefühl hat, alles zu überblicken, fühlt sich sicherer und bleibt bei bekannten Formen wie dem Tagesgeldkonto.

Warum werden Tagesgeldkonten oft als „Zwischenlösung“ genutzt?

Viele Anleger:innen sehen Tagesgeld nicht als langfristige Geldanlage, sondern als temporäre Lösung. Du möchtest vielleicht auf eine größere Anschaffung sparen oder wartest auf einen günstigen Einstiegszeitpunkt für andere Investitionen. In solchen Fällen bietet das Tagesgeldkonto eine sichere Möglichkeit, Geld zwischenzuparken, ohne es dem Risiko von Kursschwankungen auszusetzen.

Wie beeinflusst die allgemeine Wirtschaftslage die Beliebtheit von Tagesgeldkonten?

In wirtschaftlich unsicheren Zeiten, zum Beispiel während Krisen oder Inflationsphasen, steigt das Bedürfnis nach Sicherheit. Viele scheuen dann Investitionen in Aktien oder Fonds und parken ihr Geld lieber auf dem Tagesgeldkonto, auch wenn es real an Kaufkraft verliert. Das kurzfristige Sicherheitsgefühl ist für viele Anleger:innen wichtiger als langfristige Renditeaussichten. Dabei handelt es sich um einen klassischen psychologischen Schutzmechanismus.